SC Freiburg

Der lange Weg zum kurzen Paß

 

Von Toni Nachbar und Otto Schnekenburger

 

 

ISBN 3-89533-335-2  

Format 14,5 x 21,8 cm², 304 Seiten, Hardcover, Verlag Die Werkstatt 2002

 

Dieses Buch erscheint in der Serie „Große Traditionsvereine“, dabei fristete der SC im Besonderen und der Fußball allgemein in der Unistadt Freiburg doch lange Zeit ein stiefmütterliches Dasein. Um die Jahrhundertwende war Freiburg allerdings eine kleine Hochburg, gründeten sich doch da die beiden Vorläufer des SC und der Freiburger FC, welcher 1907 sogar die Deutsche Meisterschaft gewann (zuvor wurde im Halbfinale in Nürnberg der VfB Leipzig 3:2 besiegt).

„Damals war das fremdartige Spiel noch umstritten, ,Fußballspieler und Italiener hinten einsteigen’ sollen Schaffner  in dieser Zeit vor der Abfahrt der Züge gerufen haben.“

Viele Episoden und Ereignisse aus den frühen Jahren des Fußballs in Deutschland finden in diesem sehr unterhaltsamen Werk ihren Platz, in chronologischer Folge werden das Abschneiden der beiden Freiburger Fußballvereine, ihre Stellung in der Gesellschaft, der schwierige Neuaufbau nach den Weltkriegen und der Aufstieg des SC in die Belletage des deutschen Fußballs beschrieben.

Zu jeder Saison gibt es einen detaillierten Situationsbericht, exzellent recherchiert aus vorhandenem lokalen Zeitungsmaterial und zuletzt auch eigenem Erleben, schließlich sind beide Autoren in den regionalen Zeitungsredaktionen zu Hause.

Spezielle Einwürfe bringen besondere Tatsachen der Freiburger Fußballgeschichte ins rechte Licht, so gibt es zum Dreisamstadion, zu Achim Stocker (Dem SC das ganze Herz), dem seit 1978 amtierenden Präsidenten, zum Freiburger Spielsystem (der kurze Paß…), zu Volker Finke (Rationalist mit Emotionen), dem Trainer seit Juli 1991 und zum Manager Andreas Rettig (Der professionelle Geist der Freiburger Dreifaltigkeit) jeweils eigene Beiträge.

Auch die Fans kommen hier nicht zu kurz. Ausführlich werden die Anfänge der Freiburger Fankultur in den Achtzigern und der kommerzielle Aufschwung in den Bundesligazeiten beleuchtet. „So hat der Verein für 700.000 DM an der Nordseite des Stadions ein Fanhaus errichtet. Mit Verwaltungsräumen, Fanartikel-Verkauf, Info-Theke und Stadion-TV für alle, die keine Karte mehr erhalten haben. … Fangemeinschafts-Vorsitzender Marc Schmid unterteilt die SC-Anhänger in vier Gruppen: die traditionellen Kuttenträger, die Wert auf Choreografien und Spontan-Aktionen legenden Ultras, die organisierten sowie die „normalen“ nichtorganisierten Fans. Als aussterbende Spezies gelten die Kuttenträger…. Der Farbe bekennende Fan trägt lieber ein Vereinstrikot, das er wieder ausziehen kann, wenn er nach einem Auswärtsspiel noch in eine Kneipe gehen will…. Mit der Übertragung von Spitzenspielen durch den Abo-Sender Premiere kam es zu Menschenansammlungen, die man sich einige Jahre zuvor nicht hätte ausmalen können: 600 Fans zum Beispiel, die sich an einem sonnigen Nachmittag in der dunklen, höhlenartigen Punk-Diskothek Crash ein Fußballspiel anschauen.“

Im Epilog wird dann noch die Frage „Spielt der Sport-Club linken Fußball?“ aufgeworfen. Gibt es im Fußball überhaupt links und rechts, „wie es einst die Französische Nationalversammlung darstellte, wo sich das progressive Lager im Sitzungssaal auf der linken Seite befand, sich das konservative auf der rechten Seite gesammelt hatte. …Der vielleicht fachkundigste Experte für einen Definierungsversuch war Cesar Luis Menotti, Trainer des argentinischen WM-Siegers von 1978: ,Beim rechten Fußball wird viel von Opfern und Arbeit geredet, er wirft seinen Blick nur auf das Resultat. Der linke Fußball aber feiert die Intelligenz, er schaut auf die Mittel, mit denen das Ziel erreicht wird. Er möchte ein Fest feiern.’“

Abschließend ziert noch wie üblich bei derartigen Vereinschroniken ein ausführlicher Statistikteil das Werk, hier ist jede Abschlusstabelle seit der Vereinsgründung sowie ab 1978/79 auch noch sämtliche Spielernamen aufgeführt, dazu Pokal und Trainer/ Präsidenten-Historie sowie alle Adressen der SCF-Fanclubs.

 

Fazit: Eine zeitgeschichtliche Reise des Freiburger Sport-Clubs von der Jahrhundertwende 1900 bis in die Bundesliga-Gegenwart geschieht hier auf sehr unterhaltsame Weise, dank der profunden Schreibart der beiden Freiburger Insider-Lokalredakteure.

 

(c) Fanclub Locomotion 02/2002 - Reinhard