Sonntag, 29.05.2010 1. FC Lok Leipzig - VfL Halle 96 2:2 (1:1)
Vor ein paar Wochen musste man noch befürchten, dass dieses letzte
Saisonspiel zu einem Abstiegskrimi für unsere Mannschaft werden
würde. Durch einen megastarken Zwischenspurt mit vier Siegen in
Folge war der Klassenerhalt schon nach dem Sieg beim FSV Zwickau
geschafft. Die heutigen Gäste, der VfL Halle 96, brauchten dagegen
noch mindestens einen Punkt, wenn alle Spiele der letzten Oberligarunde
normal verlaufen würden. Wenn…
Zu vorgerückter Stunde traf man sich mit dem Fanclub diesmal auf
dem Freisitz des Kaiser Napoleon gegenüber vom Fanshop. Dort
herrschte um die Mittagszeit prächtige Stimmung unter den
anwesenden Lokisten, auch die zwei von “Die Zwei”
gehörten dazu. Hier ließ es sich gut über alte Zeiten
plaudern, wie war das doch mit den berühmten Fanbusfahrten zu
Walters “Schmeiss”-Zeiten, als es mit dem VfB Leipzig noch
nach Nürnberg, Hamburg, Kaiserslautern oder Gladbach ging. In den
alten “Fan-Reports” findet man übrigens alles noch mal
zum Selbsterleben.
Guter Andrang herrschte eine gute Stunde vor Beginn schon am und im
Bruno, drinnen fand man bereits die LOCOMOTION-Flagge an der
Gegengerade, noch ziemlich einsam allerdings. Im Gästeblock heute mal endlich
ein paar Fans, die auch - wenn auch rotblaues - Fahnentuch dabei hatten. Angeregt
plauderte man bis zum Anpfiff noch mit bekannten Insidern wie den
Borsdorfer oder Randleipziger über die aktuelle Lage: Evers und
Heusel werden wohl gegangen und sonst hoffte man heute auf einen
versöhnlichen Sieg.
Dann geht’s los. Von Angriffswirbel nicht viel zu sehen, wenige
Chancen für LOK, keine für Halle, aber die machen das Tor aus
dem Nichts. Zum Glück gelingt unserem Raik Hildebrandt mit einem
fulminanten Schuß das 1:1, der Pausenstand. Wenig erquicklich der
Bratwurst-Esstest, kein Senf im Spender, die Wurstschale hart und das
Brötchen pappigtrocken - mehr als eine 3 minus ist das wahrlich
nicht.
Nach einer Stunde Spiel führt LOK, unser Strafraumwühler
Benny Fraunholz bewies sein Näschen. Alles feierte den Sieg, als
urplötzlich ein Hallenser von der Strafraumlinie abzog und unser
Jan mächtig weit vorn stand und genauso mächtig alt aussah beim 2:2.
Enttäuschung bei den Fans weniger, eher Ärger über die
Jubelszenen bei den Hallenser, die das Remis quasi geschenkt bekamen.
Der Stadionsprecher bewies seine Inkompetenz, indem er die VfLer in
Sicherheit wiegte und sich wenig später korrigieren musste - Halle
hat nur eines sicher, die Relegation mit Türkyemspor.
Hinter dem Casino versammelten sich dann viele Fans zur Abschlussfeier,
alles wartete auf die Mannschaft. Nach über einer Stunde tat sich
immer noch nicht viel, nur einige schwatzten am VIP-Eingang
untereinander - Feierstimmung sieht anders aus. Aber das gehörte
heute irgendwie zum Bild des Vereins dazu…
RT
Bruno-Plache-Stadion Leipzig: 2.534 Zuschauer
Schiedsrichter: Andy Weißenborn (Berlin)
0:1 Karau (24.), 1:1 Hildebrandt (33.), 2:1 Fraunholz (60.), 2:2 Huth (90.)
Fotos zum Spiel
+++ PRESSESCHAU +++
Lok-Team wütend nach 2:2 gegen VfL Halle
Noch Stunden nach dem Abpfiff waren die Spieler des Oberligisten 1. FC
Lok stinksauer. Der 2:2-Ausgleichstreffer für den VfL Halle in der
Nachspielzeit hatte die Probstheidaer tief getroffen. Die Freude der
Gäste wurde jedoch schnell gedämpft, als sie vom 2:0-Sieg der
Jenaer Reserve bei der Zweiten des FC Erzgebirge Aue hörten. Denn
der VfL wähnte sich damit in der Relegation gegen Tennis Borussia.
Die Fete der Probstheidaer mit ihren Fans verlief bescheiden, zu
groß war der Ärger über das Remis gegen
offensivschwache, trotz der Abstiegsgefahr brave Hallenser. Zudem
sickerte durch, dass Torwart Jan Evers (wie berichtet) und auch
"Lok-Gott" René Heusel den Verein verlassen werden. Letzterer
war schon vor dem Anpfiff bedient, weil er wieder nicht zur Startelf
gehörte. "Mir ist nicht zum Feiern zumute. Der Gegner war doch
schon stehend K.o. Das war eine Katastrophe", wetterte Mittelfeldmann
Stephan Knoof. Auch Kapitän Thorsten Görke zeigte sich
wütend: "Halle hätte es verdient abzusteigen. Wir sind
einfach zu blauäugig." VfL-Trainer Thomas Diedrich war mit der
Leistung seiner Jungs unzufrieden: "Nach unserer 1:0-Führung
müssen wir nachlegen. Bei Lok ging nach vorn lange nichts." Beim
Probstheidaer Coach Mike Sadlo überwog der Ärger. "Wir
müssen nach unseren Chancen 3:1 oder gar 4:1 führen. Ich
wollte das Spiel unbedingt gewinnen. Der Ausgleich fiel aus dem
Nichts." Wie alle Tore. Beim 1:0 (23.) für die Gäste jagte
Stefan Karau, früher in Diensten des FC Eilenburg und FC Sachsen,
die Kugel aus Nahdistanz in die Maschen. Raik Hildebrandt gelang vor
stattlichen 2534 Zuschauern mit einem Sonntagsschuss, der nicht
unhaltbar schien, der 1:1-Ausgleich (33.). In Hälfte zwei einer
mittelmäßigen Partie hämmerte Görke einen
Freistoß an die Lattenunterkante, Benjamin Fraunholz schoss den
Ball zum 2:1 (60.) ins Tor. Jetzt feierten die Lok-Fans. Bis zum
2:2-Ausgleich, den Robin Huth per Distanzschuss in der ersten Minute
der Nachspielzeit erzielte. Kurz zuvor hatte der gerade eingewechselte
Alexander Kunert nach feiner Kombination über René Heusel
und Albrecht Brumme die Kugel freistehend aus elf Metern über den
VfL-Kasten gejagt. Dem stets engagierten, eigentlich technisch sehr
beschlagenen Mittelfeldspieler dürfte gestern Abend bestimmt kein
Bier geschmeckt haben.
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 30.05.2011 - von Norbert Töpfer
Die Pavel-Prozession
Am Ende der Saison ein achter Platz für den 1. FC Lok Leipzig.
Ohne den Ausgleichstreffer des VfL Halle in Minute 91 wäre sogar
der sechste Platz drin gewesen. So endete das Heimspiel gegen
abstiegsbedrohte Hallenser mit 2:2. Den meisten Fans war das allerdings
ziemlich egal. Die 2.534 Zuschauer im Bruno-Plache-Stadion feierten vor
allem den Mann, der den Klassenerhalt mit nach Leipzig brachte: Pavel
Devaty, Fußball-Gourmet mit bodenständigen Rezepten.
Hauptbestandteile: mindestens einen exquisiten Fuß und ganz viel
Charakter. Im letzten Saisonspiel des 1. FC Lok läuft die 88.
Spielminute, es steht 2:1 für die Hausherren, die zu diesem
Zeitpunkt die Saison auf einem lange Zeit nicht für möglich
gehaltenen sechsten Platz beenden würden, als Mike Sadlo eine
Auswechslung vornimmt: Pavel Devaty kann erst nicht glauben, dass er
gehen soll, macht sich dann aber doch ganz gemächlich auf den Weg
zur Mittellinie. Die Tribüne steht geschlossen auf und applaudiert
zusammen mit dem gesamten Stadion diesem einen Spieler. Eine
Atmosphäre wie sie bisher keinem Lok-Kicker zuteil geworden ist.
Sadlo nimmt Devaty noch mal in den Arm ehe er sich dann mit Beifall
seinerseits bei den Fans bedankt. Devaty! Wo wäre der 1. FC Lok
Leipzig am Saisonende ohne den tschechischen Mittelfeldspieler
gelandet? Fünf Treffer erzielte der 32-Jährige in 19 Spielen,
bereitete zahlreiche vor und brachte vor allem den „schönen
Fußball" in die Oberliga. Entwickelte spielerische Ideen, an die
die Lok-Mannschaft nach Ende der Hinrunde nicht im Traum dachte,
Pässe zum Staunen und auch viel Charakter. „Pavel ist ein
feiner Mensch", sagt sein (Ex-)Trainer über den
Mittelfeldstrategen. Fein? Devaty kauft man ab, wenn er sagt, dass Lok
Leipzig für ihn ein toller Verein ist - im Gegensatz zu einem
Neuzugang, der ebenfalls zur Winterpause kam. Nach dem letzten
Auswärtsspiel bei Rot-Weiß Erfurt II hatte Devaty
Tränen in den Augen als er Fans verkündete, dass er bei Lok
nicht bleiben kann. Seine Frau wird bald Zwillinge zur Welt bringen,
Pavel will ihr zumindest in der ersten Zeit helfen. Die Familie zieht
um, die Pendelei wird erstmal nicht mehr machbar sein. Devaty geht
ungern, aber er bedankt sich gern: „Ich danke dem Verein und den
Fans und wünsche allen viel Glück". Hört man heutzutage
selten aus ehrlichem Mund. Es gibt Pläne, dass Devaty im Winter
zurückkehrt. Er würde gern, der Verein würde gern.
Devatys letzter Gang vom Probstheidaer Fußballfeld war vielleicht
gar nicht so final wie alle befürchteten.
Im Heimspiel gegen den abstiegsbedrohten VfL Halle 96 spielte Devaty
mal wieder ein paar überdurchschnittliche Bälle. Zu einem Tor
hat keiner geführt und auch ihm gelang diesmal keines. In
Führung gingen sowieso erstmal die Hallenser. Ein Tor nach 24
Minuten und wie aus dem Nichts, wie drei der insgesamt vier Tore an
diesem Tag. Nach einem Freistoß netzte Georg Ströhl am
langen Pfosten ein. Loks Antwort durch Hildebrandt zehn Minuten
später hatte sich auch nicht wirklich angekündigt. Der
zuletzt starke Mittelfeldspieler hatte den Ball nach einem hohen Ball
auf der Brust tanzen lassen, sich gedreht und das Leder volley unters
Brett genagelt. Kurios ging es kurz vor der Pause noch vor dem Lok-Tor
zu. Saalbach köpfte eine ungefährliche Flanke aus 13 Metern
in hohem Bogen über den heraus geeilten Evers an die Querlatte.
Evers konnte den abprallenden Ball im Zurücklaufen noch fangen.
Mehr gab es nicht - in einem Spiel, das Hallenser Abstiegskampf
vermissen ließ. Sehenswert dann wieder die
Leipziger-Führung: Kapitän Thorsten Görke nagelte einen
Freistoß aus 25 Metern an die Querlatte, den
zurückspringenden Ball schob Benny Fraunholz zum 2:1 ein. Als Lok
in der Schlussphase mit Chancen sündigte, schlug Halle noch mal
zu. Robin Huth traf in der Nachspielzeit per Sonntagsschuss zum
Ausgleich. Halle damit zumindest noch nicht abgestiegen, aber durch den
Spielabbruch zwischen dem FSV Zwickau und Borea Dresden noch auf einer
Fahrt ins Ungewisse. Nach dem Spiel drehte Pavel Devaty noch eine Runde
durchs Stadion und verschenkte auch sein Trikot an ein paar Balljungen.
Markus Saalbach, Stephan Knoof, Benjamin Fraunholz und Markus Krug
werden die Lok-Fans dagegen auf jeden Fall wiedersehen. Sie
verlängerten ihre Verträge. „Wir haben jedem Spieler
Verträge vorgelegt", so Sportvorstand Dirk Majetschak, der auch an
neuen Spielern dran ist. „Namen kann ich noch nicht nennen, aber
wir sind auch an zwei Leistungsträgern aus der Landesliga dran".
Mit Torsten Ziegner, Routinier bei Carl Zeiss Jena soll der Verein
schon sehr weit sein. Lok-Tortwart Jan Evers ließ dagegen nach
Spielende verlauten, dass er nicht mehr Spieler des 1. FC Lok Leipzig
ist. Ihm war unter anderem in die Nase gestiegen, dass der Verein mit
dem tschechischen Torhüter Martin Dolecek vom
Thüringenliga-Stadion 1. FC Gera einen Konkurrenten verpflichtet
hat, ohne mit Evers vorher über seine Situation zu reden.
Eigentlich hat der 27-Jährige aber noch ein Jahr Vertrag. Bliebe
er, würde sein Trainer weiter Mike Sadlo sein, der seinen Vertrag
verlängerte und somit in die neue Oberligasaison startet, die am
Wochenende 5.-7. August beginnen wird.
Quelle: L-IZ.de - Leipziger Internetzeitung vom 30.05.2011 - von Marko Hofmann