+++ Michael Nodzon
neuer Präsident des 1. FC Lok / RB-Koop ist dank klarem MV-Votum
Geschichte! +++
Samstag, 05.02.2011 Mitgliederversammlung des 1. FC Lok Leipzig
Um 10:30 sollte die Versammlung im Paunsdorfer Ramada-Hotel los gehen,
eigentlich. Ein Riesenauflauf in der Hotellobby kündete von
Mega-Interesse der blaugelben Anhängerschaft. Es lag aber auch an
der Anmeldeprozedur, die an eng stehenden Tischen und nach
alphabetischen Rubriken etwas chaotisch verlief. Die Namen mit L bis T
kommen doch erheblich öfter vor… Nun, die Hürde konnte
letztlich genommen werden, auch dank des geduldigen Einlasspersonals.
Drinnen im Saal war es proppevoll bis in die hinteren Stuhlreihen, nur
mit Mühe und Udos Navigation fand ich schließlich in der
fünftletzten Reihe noch einen Platz.
Die aktuellen Mitgliederzahlen des Verein werden bekannt, es sind mit
1596 doch erheblich weniger als 2010, da stand man bereits bei 1671.
206 Neueintritten stehen doch 268 ausgeschiedene Mitglieder
gegenüber, davon sind 58 Ausschlüsse wegen
Beitragsrückständen. Die 20€-Umlage 2010 brachte unserem
Verein 24130 Euro für die Tilgung der Bau-Außenstände
beim Stadionumbau, insgesamt 150000 Euro Mitgliedsbeiträge durften
in 2010 als Einnahme verbucht werden. Sorgenkind ist derzeit der
Fanartikelshop, dessen Umsatz von 120000 auf 80000 Euro schrumpfte. Da
ist mehr Innovation gefragt, um wieder in die schwarzen Zahlen zu
kommen.
Spannend wurde es, als die neuen Kandidaten für Vorstand und
Aufsichtsrat auf den Plan traten und sich den Mitgliedern kurz
vorstellten. Der Chef des Hauptsponsors, Michael Notzon, erntete dabei
den meisten Beifall, als er den Jahresumsatz seiner Goldgas-Firma
für 2010 nannte: 600 Mio Euro. Keine Frage, für ein
erfolgreiches Bestehen unseres Vereins in der schwierigen Lage genau
der richtige Mann. Meinten auch 515 von 544 stimmberechtigten
Mitglieder, was nach der Auszählung der Wahlzettel bekanntgegeben
wurde. “Frauenboss” Bernd Wickfelder erhielt 490,
“Baulöwe” Hartmut Dischereit 466 Stimmen, während
“Geldeintreiberin” Katrin Pahlhorn nur 325 und
“Nachwuchsausspäher” Dirk Majetschak (ja, der mit dem
eigenen Nachwuchs bei RB…) gar nur 321 Ja-Kreuzen auf dem
Stimmzettel. Während hier also alle 5 Kandidaten mit einfacher
Mehrheit durchkamen, musste für den Aufsichtsrat am Ende einer
weichen, weil hier 6 Leute zur Auswahl standen. Eigentlich waren es ja
mal acht, aber René Weber und Michael Klose zogen kurz vorher
zurück, aus privaten Gründen. Medienmann Jens Hirschmann
sahnte die meisten Kreuze ab, 430. Politprofi Gunter Weißgerber
von der SPD nutzten seine Kontakte zu immerhin 418 Ja-Stimmen, danach
reihten sich mit 382 Olaf Winkler, 365 Frank Müller und 293 Dr.
Erwin Czempik in den neu gewählten Aufsichtsrat ein. Mir nur 289
Stimmen wurde dieser von Ralf Vogt denkbar knapp verfehlt. Künftig
muss ja der Aufsichtsrat bei allen Vorstandssitzungen mit mindestens
einer Person vertreten sein, so jedenfalls steht es in einer heute
beschlossenen Satzungsänderung. Die Prozedur der Wahlen dauerte
bis weit nach 15 Uhr, selbst die große Mittagspause reichte da
nicht ganz aus. Das Catering des Ramada wurde dabei von den meisten
Anwesenden gut genutzt, weil auch die Preise ziemlich volkstümlich
gehalten waren.
Gegen 15:30 standen die zuvor beschriebenen Ergebnisse fest und nun
konnte der letzte wichtige TOP behandelt werden: Der
Kooperationsvertrag mit RB Leipzig. Erstmals erfuhren die Mitglieder
die genauen Details des Deals, und zwar von Steffen Kubald
persönlich. Kernpunkt die einseitige Inanspruchnahme unseres
fantastischen Nachwuchszentrums für die lächerliche Summe von
10000 Euro per anno. Selbst ein späterer Zweitliga-Status der
alpenländischen Drogenfabrikantenmannschaft würde diese Summe
nur verdoppelt, unglaublich. Jeder weiß doch, wie viel uns diese
vielen sogar doppelt besetzten Nachwuchsmannschaften kosten, und das
nicht nur Euros sondern auch viel Herzblut. Wie kann es da angehen,
dieses einfach so quasi aufzugeben? Denkt man so, wenn man gewisse
Strukturen in Verbänden und anderen Vereinen zu gut kennt?
Überwiegt die Aussicht auf ein scheinbares Mitmischen im Konzert
des Profifußballs gegenüber dem idealistischen Denken der
eigenen Fans?
Die Internet-Forumuser unter Initiative von UKW waren in den letzten
Wochen nicht untätig und haben unglaubliche 10.800 Euro
eingesammelt - als Beweis, dass sogar die Fans eine solche Summe
kurzfristig für den Nachwuchs spenden können. Mehr als so ein
Millionenkonzern in die Leipziger Fußballjugend investieren will,
blamabel. UKW’s fünfzehnminütige Brandrede gegen das
“Konstrukt RB” mit anschließender symbolischer
Übergabe der gesammelten Summe an den Vorstand wurde von
Beifallsstürmen der wahren Fans in der Mitgliedschaft begleitet.
Versammlungsleiter Petersen war ohne echte Chance, den Redeschwall
unseres LOK-Aktivisten mit seinen unsinnigen Redezeit-Provokationen
irgendwie zu stoppen. Am Ende wurde es eine klare Sache, Wahlleiter
Stefan Schreiber verkündete sagenhafte 307 “Neins”,
nur 86 Ja-Stimmen sowie 26 Unentschiedene. Der Koop war abgeschmettert.
Später bezeichnete der neue Präsident Notzon dieses Votum der
Anhängerschaft als klares Signal gegen RB, was man als
Präsidium zu akzeptieren hat. Die neuen Gremien des 1. FC Lok
müssen sich nun in den nächsten Tagen zusammenfinden - es
beginnt eine neue Zeitrechnung.
RT
Fotos zum Ereignis
+++ PRESSESCHAU +++
Lok-Fans feiern Präsident Notzon
Solch eine Mitgliederversammlung gibt es wohl nur beim 1. FC Lok. Erst
feiern 564 Fans am Sonnabend den neuen Präsidenten Michael Notzon,
der fast einstimmig gewählt wurde. Doch am Ende der
sechsstündigen Veranstaltung im Ramada-Hotel drohte die Lage zu
eskalieren, als es um die Entscheidung über die noch vom alten
Vorstand geplante Nachwuchs-Kooperation mit RB Leipzig ging, die
schließlich mit großer Mehrheit abgelehnt wurde. 16.56 Uhr
erhoben sich die Sieger der Abstimmung spontan, riefen laut: "LOK,
LOK", und sangen "Wir sind die Größten der Welt, FC
Lokomotive...". Es war der Schlusspunkt einer von großer Hektik
bestimmten Diskussion, bei der Versammlungsleiter Nikolaus Petersen
mehrfach einigen lautstarken Anhängern drohte, sie des Saales zu
verweisen. Der Lok-Vorsitzende Steffen Kubald hatte versucht, die
Vorteile der Zusammenarbeit zu erläutern. Schon das sorgte
für Unruhe unter den Kooperationsgegnern. "RB ist finanziell in
einer anderen Liga. Allein deshalb können wir in Leipzig in
Zukunft nur die Nummer zwei sein, so dass eine Partnerschaft mit RB
für uns nur Vorteile bringt. Wir würden damit verhindern,
dass junge Spieler unkontrolliert zu diesem Klub wechseln", sagte der
49-Jährige. Seine Gegner indes glauben, dass Lok sich mit diesem
Vertrag an den Nachbarn verkaufen würde. "Als Traditionsverein
werden wir doch von RB nur benutzt. Warum sollen wir als 1. FC Lok den
meistverhassten Verein salonfähig machen", wetterte Udo
Kiesewetter in seiner 20-minütigen Brandrede und gab seiner
Hoffnung Ausdruck: "Die sind doch nur eine Liga höher als wir.
Vielleicht verschwindet RB genauso schnell wieder, wie sie gekommen
sind. Die 10000 Euro, die der Klub für unseren Nachwuchs
jährlich zahlen will, sind ein Witz." Kiesewetter verkündete
stolz, dass eine von ihm initiierte Sammlung 10811 Euro eingebracht
habe, so dass Lok auf das RB-Geld nicht angewiesen sei. Aufgrund der
Hektik entschied sich der Versammlungsleiter Petersen für eine
schriftliche Abstimmung, was für laute Proteste unter den
Vertragsgegnern sorgte. "Damit kann jeder frei sein Kreuz machen. Diese
Form der Abstimmung ist ein Grundsatz von mir, wenn die Stimmung
aufgeheizt ist", erklärte Petersen. Das Ergebnis indes war
eindeutig: 89 Ja-Stimmen, 26 Enthaltungen. 307 Lok-Mitglieder waren
dagegen, so dass die Zusammenarbeit mit RB passé ist. Die Wahl
des neuen Präsidenten war zu diesem Zeitpunkt fast in den
Hintergrund getreten, obwohl Michael Notzon frenetisch gefeiert wurde.
Ein Raunen war durch den Saal gegangen, als sich der Gründer und
Boss des Lok-Hauptsponsors Goldgas vorstellte. Der 52-jährige
Firmengründer aus dem Raum Nürnberg nannte Umsätze von
mehr als 20 Millionen Euro seines Unternehmens und auch knallhart den
Grund seines Einstiegs beim Probstheidaer Klub. "Wir wollen Goldgas in
der Region bekannt machen. Da ist der 1. FC Lok mit seinen vielen
Anhängern ein guter Partner", sagte Notzon. Allerdings unterstrich
er auch, dass der Verein weitere große Sponsoren für sich
gewinnen muss, damit die wirtschaftlichen und sportlichen Ziele
erreicht werden können." Und er sparte auch nicht mit Lob für
die Arbeit des alten Vorstandes unter Führung Kubalds: "Der 1. FC
Lok ist wirtschaftlich gesund. Davon gibt es nicht viele
Fußballvereine." Dirk Majetschak, früherer Lok-Spieler, der
ebenfalls in den neuen Vorstand gewählt wurde, forderte von allen
Lok-Mitgliedern eine neue Kultur im Vereinsleben: "Bisher wurde hier
mehr übereinander geredet, wir sollten nun mehr miteinander
reden", sagte der Unternehmer. Wie wichtig Hauptsponsor Goldgas ist,
erklärte Frank Müller, der als ehemaliger
Aufsichtsratsvorsitzender wieder in das gleiche Gremium gewählt
wurde: "Michael Notzon mit Goldgas ist ein Glücksfall für
uns. Ohne sein Engagement hätte wir finanzielle Probleme bekommen,
weil wir aufgrund der vielen Spielausfälle keine Einnahmen hatten."
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 07.02.2011 - von Norbert Töpfer