Mittwoch, 24.11.2010  Hallescher FC - 1. FC Magdeburg  0:2  (0:0)

Es hatte schon seinen Reiz für mich, sich dieses Derby aus dem Nachbarbundesland quasi als Heimzuschauer reinzuziehen. Wegen des Umbaus des KWS in Halle müssen die Fans des Ex-Chemikervereins aus der Saalestadt bekanntermaßen an die Pleiße schippern, um sich im Zentralstadion zu Leipzig so ein hochbrisantes Fußballspiel live anzutun. Für mich begann der Trip am hiesigen Hauptbahnhof, zwei Stunden vor Spielbeginn. Unglaublich, was dort an grünweißen und grünen Fahrzeugen unterwegs oder geparkt waren, 20 bis 30 meine vorsichtige Schätzung. Darunter drei wuchtige Wasserwerferpanzer, die in Kolonne auf dem Tröndlinring zum Stadion unterwegs waren. Ich mischte mich derweil unter die ca. 400 Hallenser am Westausgang, um per Fußmarsch zur Arena zu gelangen. Alles Paletti auch bei unseren uniformierten Begleitern, diesmal um freundliche Aufforderungen wie “Gehen Sie mal bitte auf dem Fußweg!” an die rotweißen Fans nicht verlegen. Kurz vor sechs erreichte man das Zentralstadion, für mich ungewohnt ging es in Block B, da, wo sonst doch die grünweißen Sachsen campieren. Egal, der Eintritt für satte 11 Euro wurde gelöhnt und schnell noch den Werbeschinken namens Programmheft (1,50 €) des Halleschen FC geschnappt, dann mischte ich mich unter die HFC-Fans. So einfach hätte es sein können - wenn ich nicht einen blaugelben Schal (und unter der Jacke noch mein LOK-Shirt) getragen hätte. Das Security-Personal hatte offenbar die strikte Anweisung, jegliche andere Fanfarben aus den Blöcken zu halten, und da ich an einen unfreundlichen Hardliner geriet, war der Ärger vorprogrammiert. Gleich nestelte ein herbeigerufener Cop an meinem Outfit herum (“Ziehen Sie das Hemd aus und der Schal hier muss weg!”), was ich mir aber, auch mit Hinweis auf die Wetterlage, energisch verbat. Der Ober-Guru unter den Ordner hatte schließlich mehr Durchblick und schob mich außer Reichweite der beiden wieder in den Block. Man sieht, es kommt immer auf den IQ an… Im Halle-Block sorgten ca. 500 Fans für ganz gute Stimmung, von Lokisten war allerdings wenig zu sehen. Aber neben einem HFC-Banner hang an der Seite das unverkennbare, unverwechselbare, einmalige “1. FC LOK - Eine Macht!”, und das bei den Kontrollen? Der Groitzscher erzählte mir später was von einer Symbiose mit einer Halle-Fahne, während des Transports…
Das Spiel unten auf dem WM-Rasen entwickelte sich nicht so, wie es die Saalestädter als ansetzungsmäßiger Gastgeber eigentlich erwarteten. War die erste Halbzeit noch ausgeglichen, so fielen die entscheidenden Tore für die Magdeburger nach der Pause.
Deren Anhang feierte den Sieg sehr stimmungsvoll, war auch ansonsten gut in Form. Weniger dank der drei Knaller, die nach den Toren dort gezündet wurden, denen in der “offiziellen Pyrobilanz” nur eine Rauchbombe im HFC-Block gegenüberstand. Dem MDR-Videotext war das immerhin eine Erwähnung in ihrem Spielbericht wert, weil ja sonst nichts passierte. Denn der Abmarsch beider Fanlager wurde unter massiver Polizeibewachung vollzogen, generalstabsmäßig durchgezogen.
Der Randleipziger

Zentralstadion Leipzig:  5.035 Zuschauer (darunter ca. 1.300 Gästefans)
Schiedsrichter: Benjamin Cortus (Nürnberg)
0:1 Köhne (61.), 0:2 Georgi (71.)

Fotos zum Spiel


+++ PRESSESCHAU +++

Die Polizei im Fußballeinsatz: Spiel Hallescher FC gegen 1. FC Magdeburg
Wie die Polizei im Nachgang an das Spiel des gestrigen Abends im Leipziger Zentralstadion mitteilt, ist alles vor und nach dem Spiel ruhig verlaufen. Der Einsatz war dabei so massiv, dass sich die Fans aus Magdeburg und Halle wie in einem Korsett bewegten.
Wer war da nicht alles auf der Straße - und vor allem wie viele? Die Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten machte fast den Eindruck, es ginge hier darum, schon rein zahlenmäßig zu dominieren. In enger Zusammenarbeit befassten sich gestern Abend Bundespolizei und Beamte mehrerer Bundesländer mit den "Problemfans", die ob der Masse an Schutz lieber gleich ruhig blieben.
Laut Polizei verlief der Einsatz dann auch erwartungsgemäß: "Ziel war es, die sich nicht freundschaftlich gesinnten Fans beider Vereine strikt voneinander zu trennen, um so Auseinandersetzungen zu verhindern. Zunächst wurde organisiert, dass die Züge aus Halle und Magdeburg zeitlich getrennt in den Hauptbahnhof einfahren konnten. Die Hallenser trafen zuerst ein und wurden auf der Wegstrecke über die Jahnallee/Waldplatz zur RB Arena mit Polizeipräsenz begleitet. Ebenfalls mit Polizeibegleitung wurden die Magdeburger, allerdings auf einem anderen Weg, zu Fuß zum Stadion gebracht. Die Anreisen erfolgten friedlich."
Um 19:01 Uhr war dann Anpfiff zum Punktspiel, vor 5.035 Zuschauer im Stadion. Nach mehreren Böllerwürfen während der Partie und einer Spielunterbrechung und einer Festnahme in der 34. Minute endete das Spiel 0:2 aus Halleschescher Sicht.
Den Abtransport des Publikums beschreibt die Polizei zum Schluss wie folgt: "Nach dem Spiel verließen die Fans zügig das Stadion und begaben sich auf den Heimweg mit Polizeibegleitung zu Fuß bzw. mit mehreren von den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) bis zum Hauptbahnhof bereitgestellten Bussen. So verlief auch die Abreise ohne Störungen. Das Konzept der Polizei war somit aufgegangen – es gab keine Auseinandersetzungen. Trotzdem ging es nicht ohne Verkehrsbeeinträchtigungen."
Und wohl auch nicht ohne enorme Kosten, welche aus dem Steuersäckel bestritten werden, nimmt man zum Beispiel die rund 50 Einsatzfahrzeuge, die allein die Jahnallee nach dem Spiel frequentierten.
© Leipziger Internet Zeitung 25.11.2010 - von Michael Freitag