+++ LOKs Juniorclub war chancenlos gegen abgezockte Bullenprofis: 3:0 gewinnt die neue Fußballmacht in Leipzig! +++ Samstag gegen Budissa Bautzen gilt es für LOK wieder, dann im Bruno um 15 Uhr! +++

 

Sonntag, 27.09.2009  im Zentralstadion: Rasenballsport Leipzig - 1. FC Lok Leipzig  0:0

 

Wir haben sie heute erstmals gesehen: Die “wahren Fans” des Fußballs in Leipzig, die mit den Roten Bullen reiten. Sie feierten nach dem geschichtsträchtigen Spiel gegen den unbedeutenden 1. FC Lokomotive ihre “neuen Helden” in der Stadt gleichen Namens. Wie abartig, wie widersinnig, wie beschämend für die Menschen hier, die doch gerade wegen einer alles beherrschenden Staatsdoktrin damals vor 20 Jahren auf die Straße gegangen waren. Nun also wird ihnen ein Verein - entstanden aus einem kleinen Provinzclub am Rande der Stadt und wohl quasi unendlich viel Geld - aus der verbandsgenehmen Retorte vorgesetzt. Angenehmes Wohnzimmerflair in einem großen Fußballstadion - kein Problem für die Eliten der Eventfans. Die nun immer mehr werden, je erfolgreicher der Profikader der Rasenballer in der Amateuroberliga durch die Saison eilt. Sollen sie mal machen, dass sie die schnell nach oben verschwinden, die U23-Teams der Bundesliga warten in der Regionalliga schon…

Große Kulisse also am heutigen Sonntagnachmittag im Zentralstadion, über zehntausend Besucher wollten dieses ungleiche sportliche Duell live erleben. Schnell noch im Wahllokal die Stimme an der vermeintlich richtigen Stelle angekreuzt, dann war Fußball das Dauerthema. Der Fanclub und zahlreiche Blaugelbe trafen sich bereits drei Stunden zuvor zu gepflegter Vorfeier bei Bier und gehobener Gastronomie traditionell im Freisitz am Mückenschlößchen. Unser Banner wehte da nicht nur am Zaun, sondern geriet beim anschließenden Gang zum Gästeblock unfreiwillig zum Poliertuch für einparkende Automobile - ein erquickendes Bild. Erst als ein großer Reisebus auftauchte, gaben unsere beiden Fahnenhalter die Straße wieder frei. Die Kontrollen an den Blöcken wurden heute recht gründlich durchgeführt, schließlich sollten sich die Rasenballer bei ihrem ersten Punktspieleinsatz in ihrer künftigen Red-Bull-Arena doch so richtig wohlfühlen. Dafür sorgten rund um das Match auch noch ca. 1000 vom Steuerzahler finanzierte Polizeikräfte, in teils abenteuerlichen schwarzen Uniformen. Sollte die Terrorwarnung wegen der Bundestagswahl auch fürs Zentralstadion gegolten haben? Egal, die Blöcke C und D füllten sich ordentlich mit blaugelben Fans. Im Oberrang befestigten Lutz und Udo derweil das Locomotion-Banner. Gegenüber auf der VIP-Gerade sah man recht viele Leute mit offensichtlichem Interesse an den Rasenballern. Deren Fangruppe von ca. 20 Leuten in weißen T-Shirts lümmelte sich dagegen im sonstigen Leutzscher Reich in Block B. Dort erinnert nun nichts mehr an die Grünweißen, diese Farbe hat bei Herrn Lonzen offensichtlich ausgedient. Dafür genießt der umtriebige Stadionbetreiber seine neue Liebe “RBL”, für alle Lokfans gut sichtbar sind deren Buchstaben durch weiße Sitzbezüge. Das darunter hängende Plakat “Wir haben gewählt - keine Gewalt!” grenzt schon an Unverschämtheit, verunglimpft es doch alle friedlichen Lok-Anhänger. Die Anzeigetafel funktionierte auch wieder, im Gegensatz zum echten Derby vor Monatsfrist.

Die Lok-Youngster gaben ordentlich Gas auf dem Rasen, der für den Gegner ein Heiligtum werden soll. Gute Chancen durch Heusel und Engler gingen vorbei, dafür gelang dem RB überraschend der Führungstreffer, sie schalteten einfach schneller im Lok-Strafraum. Nicht viel später fiel das zweite Tor für die Rotweißen, ihr Publikum klatschte artig Beifall, das Normale war eingetreten. Unsere lernwillige Truppe muss bitter Lehrgeld zahlen, jeder noch so kleine Fehler wird bestraft. Das haben sie nicht verdient, das treue Publikum baut sie aber schnell wieder auf. Beeindruckend, wie die Fans klar Stellung beziehen zum “Fall Red Bull”, mit viel Espirit und enormem Fleiß ihre Spruchbänder anfertigten, welche sie heute mehrere Male durch den Block reichten.

Halbzeitpause, für uns ein Treppenlauf hinauf zu Toiletten und Imbissstand. Begrüßung von bekannten Leuten aus der Fanszene, auch unser Ex Rainer L. ist darunter. Er verfolgt die Entwicklung unserer Mannschaft noch immer mit großem Interesse. Das Angebot an den beiden Ständen ist reichhaltig, viele Angestellte werkeln in den sehr gut ausgestatteten Räumen, der Ablauf beim Verkaufen der Bratwürste (Note 3), Schnitzel und Currypfannen ist nicht optimal. Es staut sich beim Senf, weil jeder an die einzige Abfüllstelle will. Die Fischbrötchen gehen gut, am Getränkeabteil füllen sich die Pfandbecher mit Bier oder Cola. Plötzlich Tumulte, es gibt Getränkedosen, sind die nicht laut Stadionordnung verboten? Hier nicht, weil “Red Bull” drauf steht. Ja, die dürfen alles, da ist deutsches Recht wohl außer Kraft gesetzt. Der Toilettengang muss warten, totale Überfüllung, trotz großer Kapazität. Schnell ein paar Fotos von oben auf die Blöcke geschossen, dann geht es bald weiter, die zweite Spielhälfte läuft schon.

Die Lok-Elf kommt mit Elan, müht sich sehr um den Anschlusstreffer, aber es will nichts gelingen. Die meisten Pässe finden keinen Blaugelben, dafür zieht RB sein Spiel fast perfekt auf und durch. Dann fasst sich Bick ein Herz und hämmert den Ball von halb links perfekt in den Winkel, Evers hat keine Chance. Das wars, denken und sehen auch Spieler und Fans von Lok. Aber sie werden gefeiert, einfach weil man eine tolle Familie ist. Auf der Gegenseite werden die Rotweißen Legionäre von ihrem Eventpublikum fein beklatscht. Sieht auch toll aus, ist aber irgendwie gekünstelt, der schnelle Erfolg hat seine Wirkung gebracht. Das wird schon auf Dauer einige überzeugen, es wird aber ein anderes Fanpotential und Klientel sein als bei Lok. Hier sollte man bei seinen Prinzipien und Zielen bleiben, wenn es auch irgendwie lähmend ist, diese ganze Situation. Eigenes weiter entwickeln, den Nachwuchs fördern, nur das kann unser Credo sein. Es wird sich richten…

Der Abgang wurde dann unten von den Hundertschaften geordnet blockiert, erst durften die Rotweißen über die Festwiese, danach der große blaugelbe Rest. Alles blieb ruhig. Wir bleiben LOK treu, das ist für heute das Wichtigste.

Reini

 

Zentralstadion Leipzig:  11.486 Zuschauer

Schiedsrichter: Marcel Bartsch (Neustadt)

1:0 Hoefler (18.), 2:0 Müller (34.), 3:0 Bick (75.)

 

Fotos zum Spiel

 

 

 

+++ PRESSESCHAU +++

  

Die Sensation bleibt aus: Geldtresor schlägt Sparstrumpf 3:0

15:45 Uhr pfiff der gute Schiedsrichter Marcel Bartsch aus Neustadt das ungleiche Duell zwischen RB Leipzig und den 1. FC Lok ab. Vorausgegangen war eine kleine Demonstration, wie eine erfahrene, drittligataugliche Mannschaft in der Oberliga bestehen kann: mit Glück und kalter Hundeschnauze vor dem Tor. RB dominierte gegen den FCL ohne zu glänzen. Für Letzteren bleibt nur die Gewissheit, dass man sich aktiv gewehrt hat und dass Tradition eben (noch) mehr Fans und Atmosphäre anzieht als Retorte. Mit dabei beim finanziellen und sportlichen Liga-Krösus und Neuling war mit Nico Frommer der vorerst letzte - für Oberliga-Verhältnisse - spektakuläre Neuzugang. Von diesem war aber erst mal wenig zu sehen, denn der krasse Außenseiter aus Leipzig agierte in den ersten 15 Minuten des Spiels forsch und hatte mit Engler schon nach zwei Minuten die Möglichkeit zur Führung, als der Zweitliga erfahrene Neuhaus im Tor zu träge reagierte und dann schließlich doch Englers Schuss parieren konnte. Das war allerdings nicht nur die erste, sondern auch die letzte klare Einschussmöglichkeit für die Leipziger. Zwar drang man gerade in dieser Druckphase immer wieder in den Strafraum der Markranstädter ein, aber mehr dann auch nicht. Auf der Gegenseite markierten die besser ins Spiel kommenden Gastgeber mit Glück das Führungstor. Jurascheks Schuss war eigentlich bereits von Brodkorb geblockt worden, aber im Liegen springt der Ball von Juraschek zu Höfler, der sich im Rücken Saalbachs davon gestohlen hatte und Jan Evers keine Chance ließ. In der Folgezeit wenig Erbauliches auf beiden Seiten, während der Gast - mit gut 8.500 Gästefans „angereist" - mit Leidenschaft und Kampf 110 % gab, beschränkte sich der Gastgeber aus Rand-Leipzig mit dem Nötigsten, aber das führte wieder zum Tor. Allerdings war wieder Glück dabei. Lok bekam den Ball nicht weg und über Außen kam der Ball zu Bick, der eigentlich das Spielgerät mit in den Strafraum nehmen wollte. Er verpasste jedoch die Kugel, Lok-Verteidiger Werner rutschte weg und Lars Müller hatte aus 10 Metern wenig Mühe vor Jan Evers. Erstliga-Erfahrung lässt Oberliga-Hoffnung keine Chance. Das Spiel war nach 38 Minuten entschieden, denn hatte Lok bis zum ersten Gegentor noch munter mitgespielt, waren nach den zwei Gegentreffern nach leichten Fehlern Angst und großer Respekt eingekehrt. Sven Neuhaus spielte fortan auf Zeit und musste schon nach 36 Minuten vom Schiedsrichter ermahnt werden, sich beim Abstoß nicht zuviel Zeit zu nehmen. Der Sinn der Zeitverzögerung bei 2:0-Führung und nach erst 36 Minuten? Unbekannt. Trotz des Rückstandes und der Dominanz der Vogel-Truppe stärkten die Lok-Fans auch die zweite Halbzeit den Mannen von Jörg Seydler den Rücken, während die Markranstädter auf die lautstarke und dauerhafte Unterstützung der 30 L.E. Bulls bauen konnten. Auf dem Feld tat sich dagegen fortan leider wenig bis nichts. RB zwar mit deutlich mehr Spielanteilen und beweglichen Außenspielern sowie Frommer und Höfler vorne drin, aber wie so häufig in ihrer ersten Saison ohne spielerische Glanzpunkte in der zweiten Spielhälfte. Die Feierabend-Innenverteidiger Krug und Saalbach hatten die Vollblutprofis unter ihren Fittichen. Eine Demontage des Kultvereins durch aufstrebende Bullen, die befürchtet und von manchen gewünscht worden war, fand nicht statt. Spielerische Überlegenheit war nur zu sehen, weil Lok spielerisch nach 15 Minuten eingepackt hatte. Das dritte Tor war dann erneut eher ein Zufallsprodukt. Krug grätschte einen Ball gegen seinen Gegenspieler und den Abpraller zimmerte Patrick Bick sehenswert aus 20 Metern ins lange Eck. Klasse blitzte ein letztes Mal im weiten Rund auf. 11.500 Zuschauern, auch den Lok-Fans, blieb nur, über diesen Kracher zu staunen. Bick stand auch bei der letzten erwähnenswerten Spielaktion im Mittelpunkt. Eine Ecke vor den Lok-Blöcken konnte er zunächst nicht ausführen, weil immer wieder Pappbecher in seine Richtung flogen. Schiedsrichter Bartscher zeigte sich überraschenderweise unbeeindruckt und überließ Lok-Torjäger Heusel, die corpi delicti - von Bick präsentiert - zur Seite zu werfen und Bick Richtung Eckfahne zurückzusenden. Ob der schwarze Mann diesen Zwischenfall notierte, war nicht zu erfahren. Die Uhr war wenig später bei 15:45 Uhr angekommen, Bartsch pfiff ab und beide Mannschaften ließen sich feiern. Die einen, weil sie Amateure mit drei in ihrer Entstehung eher glücklichen Toren nach Hause geschickt und sich oben eingenistet haben, die anderen weil sie ihr Bestes gaben, um gegen übermächtige Gegner weiter ungeschlagen zu bleiben.

Quelle: L-IZ.de - Leipziger Internetzeit ung vom 28.09.2009 -von Marko Hofmann

Neugier, Sympathie, Abneigung

RB Leipzig stößt mit seinem Bundesliga-Projekt weiter auf Für und Wider

Malte Redenz kommt ohne Eintrittskarte fast bis ins Stadion. Dabei haben die strengen Security-Leute nicht etwa versagt. Redenz darf ins Hauptgebäude, denn dort befindet sich sein Wahllokal. Mancher ist kurz vor 14 Uhr allerdings etwas verstört angesichts des großen Trubels. Redenz ist es nicht, er weiß, welche Partie gleich angepfiffen wird. Anschauen wird er sich das Spiel allerdings nicht. „Ich fühle mich schon eher zu Chemie hingezogen", bekennt er. Der Bewohner aus dem Waldstraßenviertel ist nicht gerade ein RB-Sympathisant. Er hätte es lieber gesehen, der FC Sachsen und der 1. FC Lok hätten sich irgendwie zusammengerauft, um den Leipziger Fußball nach vorne zu bringen. Mit RB sei das nicht vom Tisch. „Es gibt immer eine zweite Chance", sagt Redenz lächelnd und geht weiter, um seine Kreuze zu machen. Jürgen Schöneich ist das erste Mal bei einem RB-Spiel. Sein Enkel Valentin begleitet ihn. „Wir wollen die Mannschaft einfach mal sehen." Er denkt, dass der Einstieg von Red Bull eine Chance ist, den Leipziger Fußball voranzubringen und ist daher neugierig auf das Projekt. Dass der Fußball ohne Investitionen nicht vorankomme, sei doch schließlich auch bei den Bayern oder beim HSV nicht anders. „Nur mit Geld kommt Leipzig wieder mal in die Bundesliga." Da sei man schließlich schon gewesen, halten Frank Hakanson und Harald Winkler dagegen. Die beiden haben gerade ihre Fahrräder angeschlossen und erinnern daran, dass der VfB einst zum Fußball-Oberhaus gehörte und lange in der zweiten Liga spielte. „Da ist viel zu wenig aus dem Rathaus an Unterstützung gekommen", schimpft Winkler. Jetzt aber sei der Sächsische Fußball-Verband schnell bereit, für RB beste Möglichkeiten zu schaffen und ließe die Neuen daher in der Fußball-Schule des DFB in Abtnaundorf trainieren. „Das ist doch fast Wettbewerbsverzerrung", moniert Hakanson. „Hier richtige Profis und dort in den meisten Mannschaften reine Amateure." Sie halten nichts vom RB Leipzig, können sich aber vorstellen, dass er es nach oben schafft. „Kann sein, dass er dann auch mehr Fans bekommt, wenn er erfolgreich spielt." Harro Miller sieht das nicht anders. Der ehemalige Trainer des 1. FC Lok (1979 bis 1985) und des SSV Markranstädt (2005/06) geht davon aus, dass RB in Leipzig weiter an Akzeptanz gewinnt, wenn er nicht nur erfolgreich, sondern auch gut spielt. Bei der prominenten Besetzung werde zwangsläufig nicht nur ein Sieg erwartet. Miller findet den Weg im Interesse des Leipziger Fußballs richtig. Er kennt die Sponsorenlandschaft bei Lok und beim FC Sachsen. „Sie können doch nicht zusammen die Summen aufbringen, die für die Bundesliga notwendig wären." Die RB-Fans sind im Stadion klar in der Unterzahl. Etwa 500 sitzen hinter dem Süd-Tor und können gut erkennen, wie auf der Gegenseite im „Gäste"-Anhang Transparente hochgehalten werden. „Das Konstrukt RB darf niemals siegen" oder „Mit Leidenschaft im Bein - kriegt unsere Elf den Kommerz klein" ist zu lesen. Mit „Hier könnte Ihre Werbung stehen" halten die RB-Fans dagegen. Einige verteilen einen Flyer, in dem sie auf sich aufmerksam machen. Die meisten möchten ihren Namen nicht nennen. Auch nicht die beiden Mädchen aus Stötteritz, die mit ihrem Vater das Spiel besuchen und am Ende der RB-Mannschaft zujubeln. „Mich hat in der Schule einfach geärgert, dass es immer nur um Lok oder Chemie ging", meint die 14-Jährige. „Jetzt könnte etwas Großes entstehen." Sie hat sogar einen Fanclub gegründet, der immerhin schon 195 Mitglieder zählt. Ihre Bilanz ist positiv. Auch die Polizei ist zufrieden. Sie hat nach dem Abpfiff die Festwiese für Lok-Fans gesperrt. Dennoch werden auf der Seite des Elsterflutbeckens einige Angriffe auf RB-Fans gemeldet. Die Polizei ist schnell vor Ort. Sie sorgt an anderen Stellen für Unmut, als einigen der direkte Weg zum Waldplatz verwehrt wird. Die Lok-Fans sollen, so die offizielle Begründung, möglichst weit weg vom Stadion gehalten werden. Wie viele Polizisten im Einsatz sind, wird nicht mitgeteilt. Ihre Präsenz ist in jedem Falle enorm.

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 28.09.2009 - von Winfried Wächter

Goliath schlägt wehrhaften David

RB Leipzig gewinnt vor über 11 000 Zuschauern 3:0 gegen den 1. FC Lok

Wenn der Hund nicht gerade ein dringendes Geschäft verrichtet hätte, hätte er eventuell den Hasen gekriegt... Nach dem Derby kursierte im Zentralstadion der Konjunktiv. Wenn die Lokis René Heusel und Rico Engler getroffen hätten, wäre das ein anderes Spiel geworden... Beide scheiterten an RB-Keeper Sven Neuhaus, der danach wenig zu tun hatte und mit seinen Kollegen einen stressfreien 3:0 (2:0)-Sieg und den Fortbestand der Tabellenführung feierte. Die Bewertung der nie langweiligen und immer fairen Partie lag im Auge des Betrachters und an der Gläserstärke der Vereinbrille. Während Rasenball-Präsident Andreas Sadlo vom besten Spiel seiner Kostgänger schwärmte und mit dem eingeflogenen Red-Bull-Fußball-Chef Markus Egger zum Dinner abdampfte, war Lok-Fußballgott René Heusel nullkommanull beeindruckt. „Das war nicht berauschend, die hatten doch nur vier, fünf Chancen. Wir haben super dagegen gehalten, die ersten 20 Minuten bestimmt." Das sei mit Blick auf die so unterschiedlichen Kontostände „verkehrte Fußball-Welt" gewesen. „Ich bin stolz auf unsere Mannschaft." Heusel, der ein leicht Entflammbarer ist, brachte auch Licht in die einzig unschöne Szene des Kicks. Fünf Minuten vor dem Ende hatte RB-Regisseur Patrick Bick die Ausführung einer Ecke verweigert, apportierte stattdessen ein Flugobjekt aus dem Lok-Block. Heusel schlug Bick das corpus delicti aus der Hand. „Das war eine zusammengeknüllte Papierkugel", so Heusel, „dachte der Bick, da ist 'ne Eisenkugel drin?" Wo wir schon bei schlimmen Missverständnissen sind: Einige Anhänger mutmaßten offenbar, dass Bick starker Raucher ist und spendierten Einwegfeuerzeuge. Kollateralschäden: Nach dem Spiel beschwerte sich ein triefender MDR-Berichterstatter bei Lok-Chef Steffen Kubald über eine satte Bierdusche. Zudem musste ein Fotograf auf der Jahnallee heftig in die Pedale treten, um einem Häscher zu entkommen. Dabei wollte der sicher nur Abzüge. RB gegen Lok - sorgte für heftigen Andrang und ganz neue Gefühlswelten. „Heute halte ich ausnahmsweise für Lok", sagte Ex-Sachsen-Präsident Christian Rocca und mischte sich unter die VIPs in der prall gefüllten Business-Lounge. Auch wenn das Derby eigentlich „noch gar kein richtiges ist" (Lok-Kapitän Torsten Jülich), waren 11 486 Zuschauer gekommen. Der Außenseiter legte los wie von Coach Jörg Seydler versprochen: frisch, fromm, fröhlich - und gleich zweimal frei. Das Duo Heusel/Engler hatte die Führung auf dem Schlappen, der Lok-Anhang den Torschrei auf den Lippen. Der Favorit hatte zu Beginn die Dynamik einen Tresors, taumelte nach den beiden Wirkungstreffern durch den stimmungsgeladenen Ring, fing sich dann aber wieder. „Vielleicht hat uns die Kulisse beeindruckt", mutmaßte RB-Coach Tino Vogel: „Am Anfang waren wir anfällig." Mit dem 1:0 durch Jochen Höfler (19. Minute) änderte sich das Bild, bahnte sich an, was Kubald hinterher so beschrieb: „Das Normale ist eingetreten." Neuzugang Nico Frommer, der Mittelstürmer Christian Reimann auf die Bank verdrängte, köpfelte kurz nach der Führung ein schönes Abseitstor, ehe Lars Müller für klarere Verhältnisse sorgte. Der Mann mit dem starken linken Fuß kam auf Umwegen zum Ball und frei vor Jan Evers zum Schuss - das 2:0 (34.). Die Besatzung der Haupttribüne, in zarter Hand von RB-Sympathisanten, applaudierte artig. Stadion-Chef Michael Kölmel: „Da waren viele dabei, die seit Jahren nicht mehr im Stadion waren. Hier wächst etwas." Für Lok-Coach Seydler stellte sich in der Pause ein ausgewachsenes Problem. Stürmen mit Mann und Maus machte gegen die abgezockten und nach Freiraum gierenden Profis wenig Sinn. Ebenso wenig Sinn machte es, das 0:2 zu verwalten. Hätte den eigenen Anhang rasend gemacht. Lok fand einen ansehnlichen Mittelweg, spielte mit der berühmten Rehhagelschen kontrollierten Offensive. RB-Keeper Neuhaus und Lok-Zerberus Evers mussten sich nicht mehr über Gebühr anstrengen, der Rest des Fußballfestes spielte sich vornehmlich zwischen den Strafräumen ab. Highlight des zweiten Durchgangs: In der 75. Minute nagelte Bick das atmungsaktive Kunstleder aus 25 Metern ins Netz. Das 3:0. „Hat Spaß gemacht", sagte der bärenstarke Toni Juraschek und schilderte das fast schon harmonische Miteinander auf dem Rasen. „Wir alten Markranstädter kennen viele Lok-Spieler, verstehen uns gut." Einzig Lok-Fußballgott René Heusel zürnte , spielte auf ein Foul vom Nico Frommer an. „Der hätte klar Rot sehen müssen, der hat mich voll umgehauen." Es blieb ein frommer Wunsch - und bei Gelb. RB Leipzig bleibt Tabellenführer, Lok Leipzig ist nicht mehr ungeschlagen. Dieses Derby darf wiederkommen

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 28.09.2009 - von Guido Schäfer