Donnerstag, 30.04.2009  Ordentliche Mitgliederversammlung des Vereins

 

Die MV 2009 stand an.

Im Vorfeld gab es sehr viel Unruhe unter den Mitgliedern unseres 1. FC Lok Leipzig e.V., da der Vertrag des von den Fans geliebten Trainers Rainer Lisiewicz für die neue Saison vom Vorstand nicht verlängert wurde.

So ging man relativ gespannt zur MV, die ansonsten kaum spektakuläre Tagesordnungspunkte aufzuweisen hatte. Sie fand, wie bereits im vergangenen Jahr und bei der Fusionssitzung mit Blau/Weiß Torgau im Jahr 2005, auf der altehrwürdigen Tribüne unseres Bruno-Plache-Stadions statt.

Nach der Akkreditierung durch Vereinsverantwortliche und dem Schauen dabei, ob man auch beitragsmäßig auf dem Laufenden ist, bekam man in der Lok-Lounge dann seine Stimmzettel für diverse Abstimmungen und einen Vordruck mit 2 Satzungsänderungen ausgehändigt. So bewaffnet, betrat ich dann die Tribüne.

Kurz nach 18 Uhr ging es los.

Als Versammlungsleiter wurde der gleiche Rechtsanwalt vorgeschlagen und von den Mitgliedern akzeptiert, welcher bereits im vergangenen Jahr die MV leitete. Er verlas dann noch einmal die einzelnen TOP`s und fragte, ob die Mitglieder irgendwelche Änderungswünsche hätten. 2 Mitglieder meldeten sich und sprachen sofort den nicht verlängerten Vertrag unseres Trainers an. Der Vorstand verwies jedoch darauf, dass diese Angelegenheit zu einem späteren Zeitpunkt der MV angesprochen werden soll.

Als Weiteres erfuhr man, dass der Verein per 19.03.2009 1.618 Mitglieder hat. Davon waren 300 anwesend, von denen aber nur 296 stimmberechtigt waren. Die erste Abstimmung entsprang der Frage, ob die Presse bei der MV anwesend bleiben darf. Es gab, aus was für Gründen auch immer, ca. 25 Gegenstimmen und 20 Enthaltungen.

Dann schritt unsere Schatzmeisterin Frau Katrin Palhorn ans Rednerpult.

Ihrem Vortrag konnte man entnehmen, dass der Verein im abgelaufenen Geschäftsjahr ca. 46.000,- € Gewinn erzielt hat. Diverse Sponsoren stehen jedoch trotz vertraglich zugesicherter Leistungen mit einer 5-stelligen Summe in der Kreide und der Verein versucht nun teilweise bereits über Mahnbescheide an die ihm zustehenden Gelder zu gelangen. Hier sieht man, dass die Wirtschaftskrise leider auch vor unserem Verein nicht Halt macht. Des Weiteren mussten aus dem laufenden Etat 20.000,- € für Nachforderungen der Rentenversicherung zurück gestellt werden, gegen deren Bescheid der Verein allerdings in Widerspruch gegangen ist. Weiter erfuhr man, dass über 100 Mitglieder aus dem Verein ausgeschlossen wurden, da sie ihre Mitgliedsbeiträge nicht bezahlt hatten. Mit dem Aufzeigen der sportlichen Leistungsfähigkeit und dem Vorstellen der einzelnen Mannschaften  sowie deren Ziele und Ergebnisse endete der Vortrag von Katrin.

Dann trat der Vorsitzende des Aufsichtsrates Frank Müller ans Mikro.

Er berichtete über die Arbeit seines Gremiums. Dabei erfuhren die geehrten Mitglieder unter anderem, dass der laufende Wirtschaftsplan des Vorstandes vom Aufsichtsrat nicht genehmigt wurde und dies auch bis zum heutigen Tag nicht geschah. Am Ende seiner Rede empfahl er den anwesenden Mitgliedern dann trotzdem, den Vorstand zu entlasten. Wie diese beiden Aussagen zusammen passen, erklärte er uns Mitgliedern jedoch nicht.

Dann kamen die Abstimmungen.

Der Vorstand wurde letztendlich mit lediglich 4 und der Aufsichtsrat mit 2 Gegenstimmen entlastet.

Dann trat Herr Dischereit ans Mikro.

Sein Thema war unser Bruno-Plache-Stadion, dessen baulicher Zustand und seine Perspektive als Spielstätte unseres 1. FC Lok. Zu diesem Thema fand am 07.04.09 ein Stadionrundgang mit verschiedenen Behörden statt. Als Ergebnis dessen wurde festgelegt, dass unser Bruno laut sächsischer Versammlungsstättenverordnung für derzeit maximal 4.999 Zuschauer zugelassen ist. Bei Aufstieg in die Regionalliga müsste der Verein das Stadion jedoch auf eine Kapazität von 7.000 Zuschauern erweitern. Die dafür notwendigen Investitionen (u.a. separate Zugänge in die Kurve, die Gegengerade, den Dammsitz und die Tribüne, Modernisierung aller Toiletten, Umbau des Gästebereiches mit separater Bewirtung, Einbau von Wellenbrechern auf den Stehplätzen, und vieles mehr) würden aber mindestens 200.000,- € kosten.

Dann kam die nächste Abstimmung.

In dieser ging es um eine neue Beitragsordnung. Mit 8 Gegenstimmen (eine davon vom Verfasser dieses Berichts) wurde auch dies angenommen.

Zum Schluss kam für viele das eigentlich einzig interessante Thema, nämlich die Erklärung des Vorstandes über die Nichtverlängerung des Vertrages mit unserem Trainer Rainer Lisiewicz.

Dazu trat der 2. Vorsitzende des Vereines, Her Kloss ans Pult.

In einer sehr dürftigen Erklärung teilte er den Mitgliedern mit, dass der Vorstand den Vertrag aus rein sportlichen Gründen nicht verlängerte und dass die genauen Gründe nicht benannt werden, da man in der Öffentlichkeit „keine schmutzige Wäsche waschen will“. Hierzu gab es dann natürlich verschiedene Nachfragen einzelner Mitglieder, welche jedoch nicht zu weiteren Erklärungen bzw. größeren Erläuterungen des Vorstandes führten. Die bei der Neu-Gründung des Vereines im Jahr 2003 propagierte Transparenz sieht meines Erachtens nach anders aus.

Da kaum Diskussionen bzw. Nachfragen zu einzelnen Themen stattfanden, war dann kurz nach 20 Uhr tatsächlich schon Schluss mit der MV.

Wer als Mitglied des Vereins dieser Veranstaltung nicht beiwohnte (oder beiwohnen musste!?) und vielleicht den Tanz in den Mai genoss oder den 15. Jahrestag der Gründung des Fanclub Locomotion frönte, hat nach meinem Dafürhalten an diesem Abend die deutlich bessere Wahl getroffen.

UKW

 

Fotos zum Ereignis 

 

 

+++ PRESSESCHAU +++

 

Lok-Fans ärgern sich über schweigenden Vorstand 

 „Rainer, wir setzen Dir ein Denkmal“, sagte am Donnerstagabend nach der Mitglieder-Versammlung des 1. FC Lok ein Probstheidaer Anhänger zu Trainer Lisiewicz, dessen Vertrag als Coach der Oberliga-Mannschaft nach einstimmigem Beschluss des Klubvorstandes im Sommer nach vier, möglicherweise sogar fünf Aufstiegen nicht verlängert wird. 30 Minuten lang hatten mehrere Versammlungsteilnehmer die Klubführung aufgefordert, die Gründe für diese Entscheidung zu nennen.

Vergebens. Vizepräsident Michael Kloss verlas lediglich eine Erklärung des Vorstandes zum Thema Lisiewicz. „Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt, eine solche Entscheidung bekannt zu geben“, verkündete der 47-Jährige und lobte „Erfolgstrainer“ Lisiewicz für seine gute Arbeit. Der Coach und der Vorstand hätten vereinbart, keine Ausführungen zu den Gründen zu machen, „weil wir keine schmutzige Wäsche waschen wollen.“

Diese Erklärung brachte viele der 300 Versammlungsteilnehmer in Rage. „Sie sind von uns gewählt worden. Wir erwarten, dass sie als Vorstand uns genauso ernst nehmen, wie wir sie“, erklärte ein älterer Herr sichtlich erregt, aber im sachlichen Ton. Der Lok-Vorsitzende Steffen Kubald hatte sofort eine Antwort parat: „Der Trainer hat die Nichtverlängerung seines Vertrages nicht akzeptiert. Wir sagen nichts. Wir wollen keine Schlammschlacht. Wir haben unsere Mitteilungspflicht als Vorstand erfüllt.“ Danach wurde es unruhig auf der Tribüne des Plache-Stadions, dem Versammlungsort. Mehrere Lok-Mitglieder griffen zum Mikro und drückten ihren Unmut aus. Die Klub-Verantwortlichen indes schwiegen weiter zum Reizthema Lisiewicz.

Der Trainer, der die gesamten zwei Stunden anwesend war, äußerte sich nicht. „Die Versammlung hat mir gezeigt, dass ich mit allem, was ich in den fast fünf Jahren getan habe, richtig lag“, sagte der 59-Jährige gestern Nachmittag auf Anfrage und fügte an: „Jetzt ziehen wir die restlichen sechs Spiele durch. Wir haben eine günstige Ausgangsposition und möchten aufsteigen. Dafür werden wir alles tun, damit wir uns am Ende nichts vorwerfen müssen.“ Um dieses Ziel zu verwirklichen, müssen die Probstheidaer am Sonntag (14 Uhr) beim Tabellenvierten gewinnen. Der Zweite Meuselwitz erwartet am gleichen Tag Spitzenreiter Auerbach, so dass Lok bei einem Sieg auf Rang zwei klettert. Egal, wie das zweite Topmatch ausgeht. Allerdings fehlt neben Alexander Kunert (Muskelfaserriss) nun auch Stürmer Tommy Kind. Der 19-Jährige kugelte sich beim 13:1-Sieg im Testspiel beim Thierbacher SV die rechte Schulter aus. Ob der Wirbel um Coach Lisiewicz die Mannschaft beeinflusst, konnte Kapitän Holger Krauß gestern nicht einschätzen. „Damit wird wohl jeder Spieler anders umgehen. Doch wir haben alle einen Vertrag und sollten uns auf den Fußball konzentrieren.“ Der 32-Jährige geht gegen Halberstadt vom ersten der noch sechs folgenden Endspiele bis zum Saisonende aus, das er und seine Teamkollegen gewinnen möchten. „Wir müssen den Gegner aggressiv bekämpfen, der auch schwere englische Wochen hinter sich hat. Damit können wir ihn verunsichern und werden erfolgreich sein.“

(Quelle "Leipziger Volkszeitung" vom 02.05.2009 - von Norbert Töpfer)

 

 

Eine Ära geht zu Ende: Lisiewicz verabschiedet sich im Sommer

Vier sportliche Aufstiege in vier Jahren, der fünfte ist noch möglich: Trotz der Erfolge mit dem 1. FC Lok muss sich Kult-Trainer Rainer Lisiewicz im Sommer von seiner "Herzensangelegenheit" verabschieden. Der Mann, dem der Probstheidaer Verein - angefangen vom Spieler-Casting 2004 über die Fusion im Folgejahr und die Aufstiege gegen jeweils besser besetzte Mannschaften (Naunhof in der Bezirksliga, Aue II in der Landesliga) - alles zu verdanken hat, muss gehen.

Phase beendet: Wie bei Klinsmann sei es nicht, beschwichtigt Lok-Pressesprecher Dirk Sander: "Es ist kein Rauswurf, sondern der Einjahres-Vertrag läuft ganz normal aus. Der Verein ist der Ansicht, dass die Phase des Neuaufbaus nach Wiedergründung jetzt beendet ist."

Gemeint ist damit auch der Event-Charakter der Anfangsjahre mit Gastspielen von Lothar Matthäus & Co, die dem 1. FC Lok viel Geld einbrachten.

Eine abermals neue Zeit soll nun in Probstheida beginnen. Wie diese aussieht, darauf sind alle Fans gespannt. Konkrete Infos seitens des Vereins zur Ausrichtung gibt es noch nicht - Konzepte von einigen Trainern wurden geprüft. Der 1. FC Lok bevorzugt eine einheitliche Ausrichtung des Männer- und Jugendbereichs. Thomas Köhler vom VfB Pößneck und weitere Mitbewerber gaben sich bereits die Ehre in Probstheida. Der neue Trainer hat eine schwere Aufgabe vor sich: Für die Regionalliga ist der Kader zu schlecht, für die Oberliga "nur" Mittelmaß. Schafft das Team den Aufstieg jetzt nicht, müsste der Verein Geld in die Hand nehmen, um vorn in der Tabelle mitzuspielen. Ein erneuter Kampf um den Aufstieg ohne Verstärkungen scheint mehr als unrealistisch.

Bei Rainer Lisiewicz muss der plötzliche Riegel vor seinen Planungen erst noch sacken. Dem Nachwuchs maximale Spielpraxis zu geben war sein Steckenpferd, damit auch noch Erfolg zu haben seine ganz besondere Eigenschaft. Das von Lisiewicz angewandte Konzept paarte den Sinn für Machbares - was die Zusammenstellung des Kaders angeht - mit einem Gespür dafür, was in welchen Situationen so alles in jungen Fußballerköpfen vorgeht. Keine selbstverständliche Begabung.

Ohne Harakiri: Auch mit dem neuen Coach wolle man der gewohnten Philosophie treu bleiben, so Dirk Sander, der in den letzten Tagen die massive Mediennachfrage abfing: "Wir werden auch in Zukunft keine Luftschlösser bauen." Übernehmen soll ein Trainer, der nicht mit dem Druck des ständigen Aufsteigenmüssens der vergangenen Jahre belastet ist, sondern frei und mit einem anderen Hintergrund seine Arbeit antritt.

Rainer Lisiewicz will keine schmutzige Wäsche waschen, sondern vielmehr alles dafür tun, dass auch seine letzte Lok-Saison optimal endet. Der vom Kader her unrealistische Aufstieg würde ihm die Krone aufsetzen, denn schon der sichere Klassenerhalt ist mehr als vor der Saison vom Team zu erwarten war.

Das Restprogramm mit Halberstadt (heute, 14 Uhr), Meuselwitz, Markranstädt, Aue II, Gera 03 und Eilenburg hat es in sich. Entweder ist der Gegner stark oder es handelt sich um ein Lokalderby, bei dem gegnerische Spieler gewohntermaßen über sich hinauswachsen. Für das heutige Halberstadt-Match zähle laut Lisiewicz nur "eine Topleistung in allen Mannschaftsteilen".

Verdeckte Zukunft: Was nach der Saison passiert, weiß noch keiner. Kapitän Holger Krauß hört auf, alle anderen Spieler hüllen sich während des Aufstiegskampfes über ihre Zukunft noch in Schweigen. Lisiewicz, mit seinen guten Kontakten maßgeblich für die lukrativen Events der letzten Jahre verantwortlich, bot sich für eine andere Funktion an, eine Degradierung zum gelegentlichen Helfer bei der Sponsorensuche lehnte er jedoch ab.

(Quelle "Sachsen Sonntag" vom 03.05.2009 - von David Quosdorf)