+++ Super-Sieg in der WM-Arena: LOK schlägt die Zweite des FC Sachsen hochverdient mit 3:1! +++ 12150 Zuschauer offiziell - davon gut zwei Drittel Blaugelbe! +++ Fast keine Probleme für die Sicherheit, obwohl viele Medienvertreter danach lechzten... +++ LOK jetzt Dritter der Landesliga! +++

 

Derby im Zentralstadion

Sonntag, 14.10.2007  FC Sachsen Leipzig 2. - 1. FC Lok Leipzig  1:3 (0:0)

 

Die Vorfreude auf das Derby aller Derbys war riesig in der Stadt, bei den wahren Fußballfans. Wie üblich heizte die Lokalpresse das Match gehörig an. Neben den optisch gut gemachten Rückblicken in die Derbyhistorie wurde auch eifrig im Internet gestöbert und diverse Foren besucht. Zum Einheizen des fußballinteressierten Publikums reichten die Artikel allemal. Ob sich die sonstige Leserschaft damit spontan zu einem Besuch der Veranstaltung würde hinreißen lassen? Wohl kaum, das Mittel Abschreckung hilft immer. Aber die Presse half diesmal auch manche Hintergründe der Aktionen zu erkennen. Die weißen T-Shirts der BSL hatten einen entscheidenden Fehler, die Molotowfackel. Die Diablos verließen mit ihrem Aufruf zur Bandenbildung am Südplatz in schwarzer Kampfmontur den Fußball. Gewalt durch politisch Extremes sollte dieses Derby überschatten - initiiert ausgerechnet von den immer so bezeichneten „aktiven Fußballfans“. Dies gehört wohl eher ins Reich der Fabel als zum Mittelpunkt eines sportlichen Wettkampfs. Denn es geht hier „nur“ um den Sieg in einem Spiel um die „Vorherrschaft in der Stadt“ - Leipzig ist und bleibt BLAU-GELB!

 

Kurz vor 11 Uhr traf man am Augustusplatz ein. Vor der Oper waren schon viele Lokisten in kleinen Grüppchen zu sehen, mit jeder Minute wurden es mehr. Um halb 12 setzte sich der Troß dann in Bewegung, es ging an der ehemaligen Hauptpost vorbei den halben Georgiring entlang zum Hauptbahnhof. 1500 sollen es beim Marsch über den Ring zum Stadion offiziell gewesen sein, ein imposanter Anblick! Bei der UFFTA vor dem Hbf. war der Verkehr für Minuten lahm gelegt. Durch das Waldstraßenviertel erreichten die Massen den Gästeblock. Wer mit eigenem PKW kam, konnte von extra angelegten Parkplätzen (Goyastraße) mit LVB-Gelenkbussen zum Stadion gelangen. Die Busse transportierten auch die FCS-Anhänger- und Sympathisanten heran, natürlich von einem anderen Parkplatz aus. Wir nutzten für den Rest des Weges die Tram. Riesenschlangen an den Tagesschaltern, für die Geradenblöcke wurden ja noch Karten verkauft, auch hier nur unter Vorlage des Ausweises. Zwei zusätzliche Trennzäune im unteren Außenring sollte außerdem grünweiß von blaugelb fernhalten - und umgekehrt. Mächtig Andrang herrschte an den Kurveneingängen vor, die elektronischen Zählwerke liefen den manuellen Personenkontrollen zeitlich davon. Geht ja auch nicht anders, eine gewisse Gründlichkeit musste schon sein. Hier stapelten sich übrigens alsbald die bekannten weißen T-Shirts, der Betreiber hatte sie als unerwünscht eingestuft und den Trägern abgenommen. Da nun jeder noch ein „Garderobenticket“ darauf erhalten musste, riss die Schlange am Eingang bis Spielbeginn nicht ab.

Die „Aufstellungen“ der Blocks lesen sich wie folgt: Gut 4.500 LOK-Fans im Block B, nochmal die gleiche Anzahl auf der Geraden C. Nur ca. 2000 grünweiße Fanatiker in Block A,  500 geladene FCS-Sponsoren (gratis eingeladen vom Betreiber und FCS-Chef in Personalunion Herrn Lonzen) in Block D. Wie man hören musste gab es keinen Programmverkauf zum Spiel - die Hefte werden erst danach in den Clubs angeboten werden. (A5-Heft zu 50 Cent vom FC Paparazzi - später bei LOK für 1 Euro, warum auch immer…)

Zum Spiel: 1. HZ wenige Chancen für LOK - 1x Schreiber-Solo mit Schuß knapp übers Dreiangel, großer Einsatz, aber auch viel Nervosität, Abwehr stabil, aber viele Fehlabspiele.

2. Halbzeit:  Mehr Druck, etliche Nicklichkeiten, unsicherer Schiri sah viel falsch und pfiff entsprechend - dadurch kam Hektik auf. Bei einer „Rudelbildung“ nach Foul an einem FCL-Spieler sprang dann doch der Funke über, leider nicht nur sprichwörtlich. Es flogen 2 Leuchtraketen - von Personen abgefeuert, die über dem Sitzplatzbereich des LOK-Blocks neben der Anzeigetafel standen - direkt auf die Spieler auf dem Rasen. Die „Antwort“ ließ nicht lange auf sich warten, aus dem FCS-Block flogen zwei Leuchtraketen direkt in den Geraden-Fanblock von LOK. Ein Bild in der BILD am Montag auf Seite 3 brachte den Beweis, ein Pärchen konnte sich gerade noch von ihren Sitzen retten - unsinnige Gefahr für die Zuschauer wurde in Kauf genommen. Dann das Tor für LOK durch die Nummer 7 Alexander Kunert - und es folgte die große Jubelfeierlichkeit mit Ansage durch Co-Sprecher Mirko („1. FC Lok Leipzig Eins - Chemie Null!“). Mitten hinein in die Null fiel der Ausgleich. Eine weite Flanke von rechts findet am langen Pfosten den freien Kopf von Peter Schlieder, die „schwarzen Fans“ im „Heimblock“ jubeln. LOK ließ sich aber nicht verrückt machen, die Jungs kämpften wie die blaugelben Löwen und erzwangen so den Sieg. René Heusel narrte die Ex-Nummer 1 René Twardzik im Sachsen-Tor und marschierte mit dem Ball ins leere Tor. Danach ging’s ab in die Fankurve zum gemeinschaftlichen Jubeln. Was dann folgte, war nichts für schwache Nerven. Erst verdaddelt Thomas Wetzig einen Riesen, eine Minute später auch „Fußballgott“ René Heusel, der das Leder super nett am Torwart vorbei lupft. Leider nur gar nicht nett links oben am Dreiangel vorbei, von oben sah das aus, als klebe der Ball außen am Tor… Für René kam nun Robert, und dieser Sommer war noch nicht vorbei. Er schaffte mit Megaeinsatz und toller Technik das 3:1 - die Entscheidung. Danach war alles nur noch eine einzige blaugelbe Jubelarie!

Keine Probleme gab es bei der allgemeinen Abwanderung der Fanblöcke aus dem Stadion. Rundum gut abgesichert, sowohl vom „Fußvolk“ als auch von den oben kreisenden „Luftstreitkräften“, verließen wir zufrieden das Zentralstadion - als Zeugen eines wieder historischen Derbysieges für unsere Loksche.

Hechelnde TV-Teams machten derweil Jagd auf irgendwie auffällige Fangestalten, schließlich musste ja die eigene Daseinsberechtigung und die Nachrichtenstudios versorgt werden. Den Anfang machte mdr-videotext mit der Meldung von „Randale beim Derby in Leipzig“. Worauf andere Medien kräftig darauf sprangen und ihre Texte entsprechend „ausschmückten“. Schuld hatte da natürlich immer nur der LOK-Fan, wer und was sonst. Aber irgendwie schafften es der Realismus und die Wahrheit später doch noch, einigermaßen objektiv über die tatsächlichen Geschehnisse zu informieren. Sicher waren dazu wieder mal einige Telefonate unserer Clubführung vonnöten…

Reini

 

Und noch ein Bericht:

 

Es war endlich wieder soweit: Derbyzeit, schönste Zeit. Das dachten sich nicht nur Vater Jürgen und ich, die extra für dieses Spiel aus Stuttgart bzw. Nürnberg anreisten. Nein, auch unzählige Journalisten und Kamerateams kündigten sich für dieses Spiel in Liga 5 an. Man traf sich also am Sonntag gegen elf am Augustusplatz. Von dort ging dann ein Fanmarsch zur Spielstätte Zentralstadion los. Reini und V.J. wählten die unspektakuläre Version und machten sich zu zweit in die WM-Arena auf. Mein Bruder Alex und ich schlossen uns der Gruppe von rund 1.500 Leuten an. Der Weg verlief über den Hauptbahnhof, wo erst mal eine gelungene Uffta-Einlage stattfand. Weiter mit guter Stimmung und ganz ohne Zwischenfälle traf man rund 90 Minuten vor Spielbeginn am Stadion ein. Die Kassen und Eingänge zu den jeweiligen Sektoren waren bereits um diese Zeit richtig gut besucht. Da wir unsere Eintrittskarten bereits im Vorverkauf für Sektor D erwarben, konnte man sich sofort zu den sorgfältig vorgenommenen Einlasskontrollen begeben. Einige Lokfans mussten da ihre T-Shirts mit dem Motto „Anti BSG Action“ gegen Pfandmarken am Eingang eintauschen. Als wir endlich im weiten Rund ankamen, mussten wir nur noch kurz Ausschau nach unseren beiden „Einzelgängern“ halten. Wenig später trafen dann auch sie an dem vorher verabredeten Ort im Stadion ein. Nun konnten wir vier uns noch in aller Ruhe bei einer Bratwurst, einem Becher alkoholfreien Gerstensaft und dem Lied der TKS „Die schönste Stadt“ den für uns schönsten Platz suchen.

Das Spiel begann erwartungsgemäß erst mit 10-minütiger Verspätung. Beide Mannschaften präsentierten den 12.150 (!!) anwesenden Zuschauern ein Transparent mit der Aufschrift: „GEGNER AUF DEM SPIELFELD – ABER GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS“.

Der Verlauf der 1. Hälfte ist schnell gesagt, je eine Chance auf jeder Seite. Kein Team wollte zuviel Risiko bis dahin eingehen. Zu erwähnen sei noch, dass die eigentliche 2. Mannschaft von Sachsen mit Namen wie Twardzik, Köckeritz, Werner, Heintze und auch Semmer Spieler aus der Oberligatruppe in ihren heutigen Reihen hatten.

In der 2. Halbzeit war nun so richtig Feuer drin, unser FCL legte los wie die Feuerwehr und unser Gegner konnte sich nur mit Fouls helfen. Als mehrere Spieler verbal aufeinander losgingen, drohte dem überforderten Schiri das Spiel zu entgleiten. In diesem Moment mussten auch einige Chaoten ihr Dasein preisgeben, indem sie Leuchtraketen abschossen. Je zwei auf beiden Seiten und die aus dem Sachsen-Block verfehlten ihr Ziel glücklicherweise nur knapp, als sie die Lokfans auf der Gegengerade beschossen. Die Dummheit solcher Leute stirbt wohl leider nie aus. Das Spiel konnte nach 5-minütiger Unterbrechung endlich weitergehen. Wie aus dem Nichts kam dann ein Pass auf A. Kunert, der in der 57. Minute das erste Tor des Tages erzielen konnte. Der Jubel war kaum verflogen, da klingelte es auf der Gegenseite und es hieß 1:1. Trotzdem ließ Lok sich nicht einschüchtern und in der 68. Minute machte FCS Keeper Twardzik einen super Sprung in die Luft und ließ somit den Ball unter sich durchrollen. Fußballgott R. Heusel musste nur noch ins leere Tor rein schießen. Die Truppe von Rainer Lisiewicz vergab danach noch zwei riesige Chancen, ehe Joker R. Sommer in der 88. Minute den 1:3 -Auswärtssieg unserer Loksche im Stadtderby gegen Leutzsch II perfekt machte. Danach war Feiern der rund 8000 blau-gelben Lokisten mit der Mannschaft und noch eine Uffta mit Stadionsprecher Mirko angesagt. Der Heimweg verlief ebenfalls friedlich und man ließ einen klasse Tag bei Alex zu Hause ausklingen.                                                  

 LUTZ

 

Zentralstadion Leipzig:  12.150 Zuschauer
Schiedsrichter: Jens Rohland (Regis-Breitingen)
0:1 Kunert (57.), 1:1 Schlieder (59.), 1:2 Heusel (68.), 1:3 Sommer (88.)

 

Fotos zum Spiel

 

 

+++ PRESSESCHAU +++

 

Brandstifter im Internet

Ein Fußball-Fest soll es werden, das Landesliga-Derby zwischen FC Sachsen II und 1. FC Lok am Sonntag, 14 Uhr, im Zentralstadion. Doch die Polizei hat die Begegnung in die höchste Gefahren-Kategorie eingeordnet, eine Sicherheitskonferenz jagt die andere, und Stadion-Chef Winfried Lonzen sagt: „Wir wissen, dass Dinge geplant sind, die wir nicht wollen.“ Er meint damit vor allem die Scharfmacher in den Internet-Foren beider Seiten. So ruft auf der Homepage der Sachsen-Diablos eine vermummte Gang im Straßenkämpfer-Look dazu auf, „mit einer möglichst großen und entschlossenen Bande Richtung Südplatz aufzubrechen“. Dort ist 12 Uhr Treffpunkt. Erwünscht seien bei „unserem Mob“ festes Schuhwerk, dunkle Kleidung, Halstücher (stehen im Branchenjargon für Vermummung), Zaun- und Schwenkfahnen, mit denen man sich „im Notfall auch verteidigen“ könne. Motto: „Zusammenstehen, keinen Meter weichen.“ Inzwischen ist auch ein Flyer aus der linksautonomen Connewitzer Szene aufgetaucht. Er verweist auf „rechte bis rechtsextreme Gruppen“ bei Lok und fordert dazu auf, die Sachsen-Ultras bei „militanten Aktionen gegen Nazis“ zu unterstützen. Lok-Chef Steffen Kubald hält diese Politisierung für problematisch. „Hier wird versucht, ein Fußballspiel zum Kampf Gut gegen Böse, Antifa gegen Nazis hoch zu stilisieren – und unseren gesamten Verein in die rechte Ecke zu stellen.“ Es sei schlimm, dass die Diablos auf diese Weise mobilisieren. Dem FC Sachsen mag Kubald aber keine Vorwürfe machen. Man habe die brisante Partie gemeinsam gut vorbereitet. „Ich denke, wir kriegen das hin.“ Zweifel bleiben. Nicht nur, weil Lok-Anhänger im Internet bekunden, „couragiert einzuschreiten, wenn es zu Übergriffen der gewaltbereiten Connewitzer Szene kommt“, ihrerseits von „gestörten Radikalen und Extremisten“ sprechen, Feindbilder schüren. Nein, wenn sich wie erwartet knapp 2000 Lok-Fans 11 Uhr auf dem Augustusplatz versammeln und – begleitet von Polizei nebst 50 Vereins-Ordnern – zum Stadion marschieren, werden wohl viele äußerst provozierende T-Shirts tragen. Verkauft von den Ultras „Blue Side Lok“ für sechs Euro übers Internet. Mit der Aufschrift „Anti BSG Action“, mit einem Fußballer, der einen angezündeten Mototow-Cocktail, also eine Brandfackel, in der Hand hält. Kubald distanziert sich davon, hält das für „unglücklich, die Jungs hätten sich was Lustiges einfallen lassen sollen“. Seine Interventionen brachten jedoch keinen Erfolg. Verbieten könne er die Aktion nicht: „Auf den T-Shirts ist ja kein Lok-Logo oder ein anderes Vereinszeichen.“ Kubald hofft noch, „dass die Jungs diese Dinger nicht anziehen“, und hat berechtigte Bedenken, ob sie damit in die WM-Arena kommen. „Das entscheidet der Stadionbetreiber.“ Lok-Trainer Rainer Lisiewicz rät zur Gelassenheit. Von seinen Spielern habe nur einer ins Internet geschaut. Er selbst beschäftige sich nicht „mit diesem Müll, das ist mir zu blöd.“ Die Brandstifter seien eine krasse Minderheit, würden nicht die vielen Fußball-Freunde repräsentieren, die sich auf einen Höhepunkt freuen. „Die Fans sollen uns anfeuern, mehr nicht“, wünscht sich der Coach. Sein Team sei topfit und mental bereit für den Sieg. „Aber eine große Kulisse im WM-Stadion beeindruckt jeden, da verkrampft man schnell.“ Lisiewicz ist es angeblich egal, ob der FC Sachsen Akteure aus der „Ersten“ einsetzt. „Von mir aus können sie die komplette Oberliga-Mannschaft spielen lassen, aber dann möchte ich nicht in ihrer Haut stecken, wenn sie verlieren.“ Nun ja, es geht ums Prestige, auch in Liga fünf. „Ein Derby ist eben kein normales Spiel“, sagt der Trainer. Da hat er recht. In jeder Beziehung.

(Quelle: "Leipziger Volkszeitung" vom 11.10.2007 - von Steffen Enigk)

 

 

Eskalation bleibt aus
14 Kamerateams, die schreibende Zunft aus München, Hamburg und Berlin, dazu diverse Hörfunk-Kollegen und über 12 000 Zuschauer im Zentralstadion. Ja, so ein Fünftliga-Duell hat was. Jedenfalls wenn es in Leipzig abgeht, in der geteilten, fußballhistorisch einmaligen Stadt. Der stolze Deutsche Fußball-Bund wurde im stolzen L.E. aus der Taufe gehoben, der 1. Deutsche Meister stammt aus der Heldenstadt, die es bei d e r Vorgeschichte und d e n Befürchtungen vorm Ortsderby mühelos in die ARD-Sportschau schafft. Drei Minuten ist der gestrige Sonntag dem Ersten wert. Wobei die eigentliche Hauptsache, der 3:1-Sieg des 1. FC Lok gegen FC Sachsen II, nicht nur für die ARD allenfalls schmückendes Beiwerk ist. Konsequenterweise sind vor dem Stadion mehr Kameras postiert als im Schmuckstück. Bilder von brutalen Straßenschlachten zwischen den seit Generationen verhassten Fanlagern sind allemal attraktiver als noch so engagierte Fünftliga-Verrenkungen. Wird es wieder zu einer Eskalation der Gewalt kommen wie am 10. Februar, als es zu Schwerverletzten kam und Leipzig bundesweit Mode war? Haben die beim Polizeieinsatz „eingebetteten“ Reporter von Kabel 1 und WDR genügend Futter für ihre Storys? Auf dem Weg ins Stadion passiert überraschend wenig. Drohgebärde, ein paar fliegende Steine, fünf Festnahmen. Polizeisprecher Mario Luda spricht von „Scharmützeln“. Das heißt so viel wie: Alles im Griff, fast alles im Lot. Das Spiel beginnt mit zehnminütiger Verspätung, die WM-Arena ist fest in Lok-Hand, 8000 der 12 000 Fans sind blau-gelber Gesinnung, rund 80 000 Euro fließen in die leere Kasse des insolvenzgefährdeten FC Sachsen. FCS-Aufsichtsrats-Chef Winfried Lonzen wird sich nach dem Abpfiff bei LOK-Führer Steffen Kubald bedanken. „Danke, dass ihr so zahlreich erschienen seid, die Einnahme hilft uns über die nächsten ein, zwei Wochen.“ Ein weiteres Kuriosum in der Geschichte zwischen Chemie und Lok: Lok rettet Chemie vorm Exitus ... Der Kick ist 45 Minuten lang ähnlich unterhaltsam wie das Testbild im DDR-Fernsehen. In der 2. Halbzeit kommen alle auf ihre Kosten. Auch jene unter den 124 (!) Journalisten, die auf Ausschreitungen warten, sich vornehmlich aus diesem kühlen Grunde akkreditiert haben. Drei Minuten nach Wiederbeginn fliegen zwei Leuchtraketen – je eine aus beiden Lagern. Schiri Jens Rohland, ein offenbar zart besaiteter Mann, pfeift sofort ab, joggt zum Seitenrand. Jetzt droht er, der Gau, der endgültige Spielabbruch, jetzt könnten aus drei Minuten in der Sportschau viereinhalb werden. Der Stadionsprecher malt laut und deutlich den Teufel an die Wand, Lok-Chef Kubald wuchtet seine 100 Kilo vor den Fanblock, dann dröhnt der Gute-Laune-Hit „Sunshine-Reggae“ durch die Lautsprecher. Nein, so ganz normal ist Fußball-Leipzig wirklich nicht. Dann geht es weiter. Mit dem 1:0 für Lok und blau-gelber Seligkeit. Im Gegenzug fällt das 1:1, unmittelbar davor landet eine vom Leutzscher Fanblock abgeschossene Leuchtrakete im Lok-Block. „Das waren natürlich drei, vier Knaller zu viel. Aber angesichts der brisanten Gesamtsituation kann man darüber hinweg sehen“, sagt Winfried Lonzen, der die Ereignisse rund ums Derby als astreine Länderspiel-Bewerbung betrachtet. Lonzens Gruß an DFB-Boss Theo Zwanziger: „Leipzig ist willens und fähig.“ Steffen Kubald: „Ein paar Kaputte gibt’s immer.“ Er meinte die Feuerteufel.
(Quelle: "Leipziger Volkszeitung" vom 15.10.2007 - von Guido Schäfer)