+++ Ostberliner Derby nach Platzsturm nach 76. min abgebrochen, LOK-Groundhopper sahen das Chaos live +++

 

Samstag, 13.05.2006  BFC Dynamo – 1. FC Union Berlin  1:1 – Abbruch nach 76 min

 

Fest eingeplant hatte man diesen Termin schon lange, weil man ja die Brisanz dieses rein Ostberliner Derbys zu schätzen weiß. Wir verabredeten uns für Samstag früh auf dem Querbahnsteig, um per Schiene ins Preußenland zu düsen. Auf zwei Wochenendtickets entfielen also sechs Personen, sodass ich jedem 10 Euronen abkassieren musste. Mit dabei neben mir also Sven, Heiko, sein Kumpel Steffen, der Flößberger und als dialektsicherer „Bulettenkenner“ der Vogter. Der Vorrat an Bier erschien ausreichend zu sein (aber wer hatte da statt „Becks-Bier“ Rex verstanden!), trotzdem hatte sich der Vogter mit einem undefinierbaren „Endlos-Getränk“ ausgerüstet, das anfangs ziemlich hochprozentig war. Je mehr der Flascheninhalt schwand, desto mehr Saft oder Orangenlimo wurde eingefüllt – na ja, wem’s bekommt… Jedenfalls fuhr der Zug relativ pünktlich 08:09 hier ab, man hatte wie immer viel Spaß und viel zu quatschen. Nach einigen Umstiegen erreichte man um 10:42 die Bundeshauptstadt, genauer gesagt den Ostbahnhof. Übers Ostkreuz ging es weiter mit S- und Straßenbahn nach Hohenschönhausen. Zunächst wurde die uns bekannte BFC-Kneipe am Sportforum aufgesucht. Dort tummelten sich bereits jede Menge Gestalten in Bodybuilder-Statur, mit sinnigen Shirts („Ich war dabei – JVA Butzbach, ... JVA Bautzen, ... JVA Brandenburg“ o.ä.). Nach ein paar Bieren ging’s weiter zum Stadion. Dabei wollte ich die Gelegenheit nutzen und die Berliner Welt mit ein paar LOK-Klebern verschönern. Ein uneinsichtiger Cop hatte da aber was dagegen, sodass man einen Sticker von einem schmucklosen Schaltkasten wieder entfernen musste. Man hörte später von einem BFC-er, dass die hier scharf auf solche Bagatelldelikte sind und ein Kumpel deswegen schon eine Anzeige wegen Sachbeschädigung am Halse hat. Dass die hier keinen Spaß verstehen, merkte man spätestens bei der Einlasskontrolle. Svens Rucksack wurde peinlich genau ziemlich auseinandergenommen, mit leichten inhaltlichen Verlusten. Als man endlich alle Hürden genommen hatte, fing es auch noch an zu regnen. Das Stadion war ordentlich voll, auf der einen Seite rund 1000 Unioner, und gegenüber auf der Geraden alles voller BFC-Fanatiker. Man reihte sich in die Gegengerade ein. Nach gründlicher Peilung der Lage fiel auf, dass auf Union-Seite keine Banner am Zaun hingen, aber auch verhältnismäßig wenige BFC-Fahnen. Im weinroten Block wurden die üblichen Gesänge angestimmt („Unioner, kniet nieder…), das Spiel nahm Fahrt auf. Man konnte dann nach einer guten halben Stunde sogar richtig abfeiern, denn der BFC erzielte gegen den feststehenden Aufsteiger das 1:0. In der Pause traf man noch auf Borstel, der mit einer Autobesatzung gekommen war. Die Union-Spieler wollten sich dann doch nicht ganz blamieren und so fiel nach ca. 15 Minuten der 2. Halbzeit der Ausgleich. Alles schien sich schiedlich-friedlich auf ein Remis einzupegeln. Dann sah man, wie sich einige Unioner im Innenraum zu schaffen machten. Was genau dann passierte, war nicht zu erkennen. Jedenfalls kletterten plötzlich Dutzende BFC-er über den Zaun, auch die Fluchttore standen auf einmal offen und so strömten die Massen auf den Platz. Sicher gut 300 weinrotweiße meist Hools stürmten Richtung Union-Fanblock, der sich schlagartig zum Ausgang hin leerte. Die Polizei kriegte das Ganze zunächst nicht so mit, denn die meisten der 1000 standen ja draußen. Erst gut 15 Minuten danach hatten sich die „Grünen“ soweit gesammelt, dass sie die BFC-er raustrieben. Die Spieler mussten sich selbst in Sicherheit bringen, konnten bis dahin nicht mal in die Kabinen. Der Schiri unterbrach offiziell zwar, die Lage spitzte sich aber immer mehr zu, sodass dann nichts mehr ging und endgültig abgebrochen wurde. Die Scharmützel verlagerten sich nun auf die Straße des angrenzenden Plattenbau-"Ghettos", Cops gegen BFC-Hools, von Unionern keine Spur mehr. Ein Insider rief nur noch „Da brennt nix mehr an!“ und „Die haben Dünnschiss, sind alle längst zu Hause“, wilde Szenen der Gewalt überall.

Trotz des Durcheinanders kamen wir unbeschadet mit den Öffentlichen zum Ostbahnhof zurück. Dort sollte um 19:14 unser Zug losfahren, wie ich meinte, von Gleis 3. Vier von unserer Crew sahen dies völlig anders, stellten sich auf Bahnsteig 1. Zum Glück für sie sahen sie ihren Irrtum noch ein. Die Umwelt wurde mit lautstarken „Spielabbruch“ - Rufen über das heutige Ereignis kompakt informiert. Die Schaffnerin dann drinnen war voll cool. als man mal wieder einiges an Gerstensaft verschüttete, meinte sie nur, „einer war wohl undicht“. Dafür leisteten wir ihr dann bei der Kartenkontrolle kurz nach Wittenberg solidarische Hilfe, als eine Gruppe 18jähriger keine Lust zum Zahlen hatte. Vogter und ich machten den Jungs klar, wie der Hase läuft („Wir sind in Mission für die Deutsche Bahn hier, denkt daran!“). Die beiden Nachzahler wurden immer kleiner und mussten ihre letzten Euros bei der taffen DB-Zugbegleiterin lassen. Nach Umsteigen in Bitterfeld rollte unser Zug gegen halb elf wieder auf dem Leipziger Hauptbahnhof ein, und wie sagte der Flößberger noch: „das war die geilste Auswärtsfahrt nach Dresden gegen VfB“ – dem kann man nicht widersprechen!

Der Randleipziger

 

Sportforum Berlin-Hohenschönhausen:  6.471 Zuschauer

1:0 Suwary (36.), 1:1 Teixeira (58.)

Spielabbruch wegen Zuschauerausschreitungen in der 76. min

 

Bildmaterial zum Spiel

 

 

+++ PRESSESCHAU +++ PRESSESCHAU +++ PRESSESCHAU +++

 

Jagdszenen im Sportforum

Das Oberliga-Derby zwischen dem BFC und Union wird nach schweren Ausschreitungen abgebrochen

 

Die Szenen ähnelten einer Straßenschlacht. In der 77. Minute des Derbys in der Fußball-Oberliga zwischen dem BFC Dynamo und dem 1. FC Union stürmten beim Stand von 1:1 viele Fans der Heimmannschaft auf das Spielfeld Richtung Union-Kurve. Auslöser war unter anderem ein BFC-Anhänger, der mit einer Kamera im Innenraum des Sportforums Hohenschönhausen ungestört mit abfälligen Gesten den Köpenicker Anhang in Wallung bringen konnte. Die knapp 200 zuständigen Ordner, die sich aus ehrenamtlichen Helfern beider Vereine und professionellen Kräften zusammensetzten, ließen ihn zunächst gewähren. Als Union-Ordner ihn wegschubsten, stürmten plötzlich hunderte "BFC-Fans" den Rasen. Ordnungskräfte und die etwa 1000 eingesetzten Polizisten waren zunächst überfordert. Einige Ordner öffneten die Fluchtore, noch mehr Fans liefen auf das Spielfeld. Als die Polizei schließlich die Union-Kurve sicherte und die Fans über die Fluchttore evakuierte, waren bereits mehr als 30 Minuten vergangen. Die Spieler mußten unterdessen schutzlos in die Kabine flüchten. Nach mehr als 40 Minuten Bedenkzeit gab der Unparteiische Thomas Gerber den Spielabbruch bekannt.

Sichtlich angeschlagen wirkte BFC-Präsident Mario Weinkauf: "Ich weiß auch nicht, was los war. Fest steht nur, daß die Polizei versagt hat. Aber auch die Ordner haben sich nicht richtig verhalten. Wir werden das analysieren und abstellen." Kein gutes Haar ließ Weinkauf auch an Polizeidirektor Michael Knape: "Herr Knape stand ja bereits in der Kritik. Ich will nicht hoffen, daß die schlechte Organisation vielleicht sogar ein Racheakt von ihm war."

Dynamo-Trainer Rajko Fijalek fand kaum Worte: "Es verbietet sich eigentlich, jetzt noch über Sport zu sprechen. Der Fußball wird hier von sogenannten Fans mit Füßen getreten." Von den Union-Verantwortlichen war nach dem Spiel keine Stellungnahme zu bekommen. Daß die Partie bis zum Abbruch vor 6471 Zuschauern recht ansehnlich war (Suwary traf für den BFC, Teixeira für Union), interessierte niemanden mehr. Knapp vier Wochen vor Beginn der WM haben vielmehr die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen Fragen aufgeworfen.

Quelle:  Berliner Morgenpost vom 14. Mai 2006 - Manuel Holscher

 

 

BFC Dynamo bedauert und entschuldigt sich!

Der BFC Dynamo bedauert ausdrücklich die Vorkommnisse, die am Samstag, 13. Mai 2006, im Sportforum Berlin zum Abbruch des Oberliga-Spiel BFC Dynamo vs. 1. FC Union geführt haben.

 

Gleichzeitig entschuldigt sich der BFC bei allen Spielern, unbeteiligten Zuschauern und insbesondere zu Schaden gekommenen Personen.

Der Ordnungsdienst des BFC Dynamo war sicherlich trotz des von allen Beteiligten einvernehmlich abgesprochenen Sicherheitskonzepts nicht optimal auf die Geschehnisse vorbereitet. Ebenso müssen sich die Sicherheitskräfte inklusive der Polizeieinheiten hierbei auch ein nicht zeitnahes Eingreifen vorhalten lassen.

Auf Basis der Ermittlungen der Polizei und auch eigener Nachforschungen wird der BFC Dynamo jeden ermittelten Randalierer zur Anzeige bringen. Darüber hinaus behält sich der BFC Dynamo vor dem Hintergrund des in einem Fall bei Hansa Rostock ausgesprochenen Urteils zivilrechtliche Schadenersatzklagen vor.

Mario Weinkauf - Präsident

Quelle: bfc-online

 

 

Duell der Rivalen

Oberliga-Begegnung BFC - Union: Spielstarke Dynamos erkämpfen 1:1 mit Siegchancen / Partie nach Provokationen am Union-Block abgebrochen

 

Es sollte der Höhepunkt der Oberliga Nord-Ost-Saison werden und in gewisser Weise wurde es das auch: die Begegnung BFC Dynamo gegen 1. FC Union Berlin am vergangenen Sonnabend. Zu Ende gespielt wurde die Partie nicht; einige, die Schlagzeilen suchten, haben sie bekommen. Ein Nachspiel, wenngleich nicht auf dem Rasen, wird man noch erleben dürfen.

Die Begegnung war in verschiedener Hinsicht spannend. Für die beiden Rivalen wird es, auf absehbare Zeit, das letzte Ligaderby sein, da Union zur kommenden Saison aufsteigt. Das Hinspiel im Herbst hatte Dynamo mit 8:0 verloren - nach einem skandalösen Überfalleinsatz der Berliner Polizei gegen BFC-Fans in einer Diskothek hatte die Mannschaft, so verlautete, die Partie absagen wollen, zog dann jedoch, sichtlich verunsichert, ein an formalen Prestigewiderstand erinnerndes Spiel vor.

Nun sollte es keine „Revanche" geben, wie BFC-Präsident Weinkauf Ende der Woche erklärte, sondern den Vereinsfarben auf dem Rasen Ehre gemacht werden. Was spielerisch vor den 6400 Zuschauern in Hohenschönhausen - darunter vielleicht 1000 Unionanhänger - auch gelang. Obgleich - wie die Tabelle zeigt - die als schwächer zu erwartende Mannschaft und durch eine rote Karte verkleinert, konnte der BFC nicht nur mithalten, sondern über weite Strecken die bessere Figur machen. Das 1:0 in der 19. Minute, nach dem das zunächst erstaunlich schleppende Kicken in Fahrt kam, konnte nicht zuletzt durch die hervorragende Leistung des Torwarts lange Zeit gehalten werden.

In der zweiten Halbzeit gelang den nun sichtbar mehr Tempo machenden Unionern der Ausgleich in der 59. Minute. Mehrere Chancen auf eine erneute Führung ließ Dynamo ungenutzt, obgleich dabei teilweise unmittelbar vor dem gegnerischen Tor stehend. Dabei offenbarten sich eindeutige Fehler auf dem Rasen.

Was dann geschah, darüber wird in den kommenden Wochen in diversen Foren wohl noch diskutiert werden. Offenbar befanden sich „Flitzer" im Innenraum, offenbar gab es Provokationen im Bereich des Union-Blocks, offenbar geriet die Stimmung außer Kontrolle. BFC-Anhänger - ein kleiner Teil der im Stadion befindlichen Fans - überkletterten die Umzäunung. Der Dynamo-Ordnungsdienst soll überfordert gewesen sein - er hatte in den Rängen zwar eindeutig Präsenz gezeigt, war dem ungewohnten Ansturm der Zuschauer jedoch mit Sicherheit nicht gewachsen. Soweit dies für den Autor dieses Beitrags - der sich gegenüber der Haupttribüne in einer dafür ungünstigen Position befand - einsichtig war, gingen die Auseinandersetzungen jedoch zumindest auch von den Union-Anhängern aus, denen der „Tagesspiegel" in seiner Sonntagsausgabe eine wachsende Hool-Szene bescheinigte und deren Block die Polizei, bei deutlich sichtbaren Auseinandersetzungen im hinteren Bereich, auf der Stelle räumte.

Zwar hatte sich die Situation innerhalb von 15 Minuten wieder beruhig; auch Verletzte gab es - von ein paar schmerzenden Gliedern abgesehen - nicht und die am Weißenseer Weg geparkten Krankenwagen konnten dort auch stehen bleiben. Dennoch blieb der Gästeblock geräumt, nach einigen beschwichtigenden Worten des Stadionsprechers bezüglich der „in Kürze" weitergehenden Begegnung wurde diese schließlich vom Fußballverband und Schiedsrichter Thomas Gerber abgebrochen. Wie es hieß, weil Polizei-Einsatzleiter Michael Knape sich weigerte, seine Leute in den Innenbereich zu schicken. Weinkauf sprach zunächst vom „Versagen" der Polizei, entschuldigte sich jedoch am Sonntag für seinen Ordnungsdienst.

Was blieb, waren 22 Festnamen. Zudem ein für den BFC Dynamo erfolgversprechendes Derby, dessen Sieger durch den Spielabbruch nun nie feststehen wird. Konsequenzen in rechtlicher Hinsicht werden wohl die Gastgeber zu tragen haben. Rivale Union - von dem es bereits zuvor, schließlich zutreffend, hieß, die Masse seiner Fans würde in Hohenschönhausen gar nicht erst erscheinen - kann das nur Recht sein.

Quelle: Berliner Umschau - Martin Müller-Mertens

 

 

Präsident Schultz: Verwunderung über die Polizei

Aufgrund von Randalen wurde am Sonnabend das Derby des BFC Dynamo gegen Union nach 77 Minuten erst unterbrochen und dann abgebrochen.

 

Personen aus dem BFC-Fanblock waren durch den Sicherheitszaun auf die Aschenbahn gelangt und hatten, vom Sicherheitsdienst unbehelligt, die Fans in der Gästekurve provoziert, woraufhin aus beiden Blöcken etwa 300 Gewaltsuchende aufs Spielfeld gelangten.

Nach fünfzehn Minuten hatte sich die Lage beruhigt. Danach räumte die mit geschätzt 1000 Kräften vor Ort anwesende Polizei den Union­Block, sah sich allerdings nicht in der Lage, durch Präsenz im Innenraum die Sicherheit des Spieles zu gewährleisten. Dies hatte Schiedsrichter Thomas Gerber (Chemnitz) gefordert, der daraufhin die Begegnung abbrach. Über die Konsequenzen wollte Staffelleiter Bernd Wusterhausen nicht spekulieren, es scheint indes eine 0:2-Wertung, eine hohe Geldstrafe und Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit durch das Sportgericht im Rahmen des Möglichen.

Verblüffung herrschte indes bei den Verbandsverantwortlichen, dass die Polizei „ keine Ordneraufgaben wahrnehmen“ wollte. "Diese Argumentation ist mir neu", sagte Bernd Schultz, Präsident des Berliner Fußball- Verbandes. So fand das rassige Derby ein trauriges Ende. Der BFC war dabei auf einem guten Weg, sich für das 0: 8 im Hinspiel zu revanchieren, und bestimmte vor 6471 Zuschauern das Spiel. Tomasz Suwary köpfte nach Eckball von Jens Manteufel (36.) die BFC- Führung, sah zwei Minuten später jedoch die Rote Karte wegen groben Foulspiels.

Union zog fortan ein kluges Powerplay auf, aber auch Daniel Teixeiras Kopfballtreffer nach Freistoß Torsten Mattuschkas ( 58.) fiel nach einem Standard.

Quelle:  Kicker/ Ingmar Höfgen

 

 

+++ FORUM-MEINUNG +++

 

Titel: Berliner Derby abgebrochen - Beitrag von Lokvenz am 14.05.2006 um 18:50:08

hmmm, ich vermute mal ganz stark, dass der "richtige" BFCer vom harten kern schön abkotzt. sich sieben tage ehrenamtlich abrackern beim club, dass man wieder etwas höher stehen kann nach insolvenz und zwangsabstieg... und nun das. zumal man union am rande einer sporlichen niederlage hatte... nun ist man um jahre zurückgeworfen in der vereinsentwicklung. auf die verbandsentscheidungen darf man auch gespannt sein.