+++ LOK erreicht das Finale dank Gaststar Lothar Matthäus, der sein Versprechen aus der Sportbild-Kolumne wahr machte - wieder Riesenaufmerksamkeit seitens der Medien für unseren 1. FC Lokomotive! +++

 

Stadtpokal-Halbfinale

Freitag, 13.05.2005  1. FC Lok Leipzig – SV Leipzig-Ost 1858  1:0 (0:0)

 

„Es gibt nur einen Lothar Matthäus!“ – und ausgerechnet dieser wollte am heutigen Abend beim 1. FC Lokomotive auf den Rasen des Brunos auflaufen, einfach nur sensationell. Als am letzten Wochenende die ersten Infos aus Vereinskreisen durchsickerten, glaubte man noch einer Fata Morgana aufgesessen zu sein. Aber „Loddar“, wie der lange für den FC Bayern München spielende Rekordnationalspieler wegen seiner oft derb-frozzigen Kommentare kurz genannt wird, zeigte wahre Größe und machte wahr, was er Ende letzten Jahres in einer Kolumne von Sport-BILD niedergeschrieben hatte. Dies war der Ausgangspunkt, was dann, wie man jetzt erfuhr, so an bürokratischen Hürden zu meistern war, ist eben typisch deutsch. Und als unser Youngster René Roßberg zusammen mit seiner Sandra im Vereinsauftrag dem Herrn Matthäus bis nach München folgte und dort von ihm das unbedingt notwendige Spielerpassformular unterschreiben ließ, schien alles klar. Aber der Event um die Loksche sollte doch noch einen ernsthaften Widersprecher finden – den Sportgerichtschef des LFV. Der ließ per Gericht unseren Verein plötzlich vom Spielbetrieb sperren, bis am 20. Mai eine mündliche Verhandlung das besondere Vorkommnis beim letzten Pokalspiel klären sollte. Nach Schluss des Spiels gegen Wolks wurde der Schiedsrichter bekanntlich von einem Feuerzeug eines Zuschauers am Kopf getroffen. Dies nahm man nun zum Aufhänger, unser Sicherheitskonzept im Stadion nochmal verschärfen zu lassen, erst dann gab man unserem fristgerechten Einspruch statt – und ließ „Loddar“ spielen. Es lässt sich nur erahnen, wer da im Hintergrund wieder die Fäden spann…

Eine Stunde vor 19 Uhr war man am Stadioneingang und hier gingen gerade die letzten Karten für Dammsitz/ Tribüne über die Schalter. Unser „Ehren-Coach“ Jürgen, extra zu diesem Event (na gut, auch zur familiären Pfingstfeier) angereistes Locomotion-Mitglied aus Stuttgart, hatte die letzte Karte erwischt und nun galt es für Alex und mich, zwecks gutem fototechnischen Standorts doch auch irgendwie die Tribünenseite zu erreichen. Dank aufmerksamer Helfer gelang dies auch. Ebenso die Einsammlung des aktuellen Fanzinematerials, denn beide Teams von Tatort Stadion und Erlebnis Lok hatten trotz der kurzen Vorbereitungszeit wieder neue attraktive Nummern geschaffen. Dies war aber nicht alles an Ungewöhnlichem. Der Fanshop bot extra Fanschals an mit Lothar Matthäus-Aufdruck plus Datum „13. Mai 2005 – ich war dabei!“ sowie Sonder-Poloshirts zum Spiel, hier war man auf den Event und die große Zuschauerzahl also bestens vorbereitet.

An den Stadionkassen und am Einlass herrschte alsbald ein Riesenandrang, Fans, soweit das Auge blicken konnte, so wie in allerbesten DDR-Oberligazeiten oder bei den Derbys nach der Wende, bloß ohne Polizei. Mike und Sven hatten unser Loco-Banner heute am Tribünengeländer befestigt, denn Platz war knapp auch unten an den Zäunen, jeder wollte seine Fahne zeigen, fast alles in blaugelb, darunter auch Neues wie „good night green white“. Auf der Laufbahn und am Spielertunnel tummelten sich die Presseleute, schon gigantisch, was ein (Welt-) Rekordnationalspieler (150 Länderspiele für Deutschland) an Medieninteresse erweckt. Wie man erfuhr, sollen sogar Reporter aus Holland und Frankreich dabei gewesen sein, alle wichtigen TV-Stationen aus Deutschland sowieso und etliche „Schnappschuss-Fotografen“ der sogenannten Printmedien. Als die Teams nach einer halben Stunde Verspätung aufliefen, umschwärmten die Presseleute den "Loddar" wie ein Heuschreckenschwarm, Sven mit seiner Videocam immer mittendrin. Mirko am Stadionmikrofon machte gleich den dreifachen „Lothar…“ und das begeisterte Publikum gab riesig dankbar „… Matthäus!“ zurück – eine geile Stimmung. Und auf dem Rasen war die Nummer 10 gleich der Leitwolf, Lothar dirigierte, dribbelte, schoss – die 44 Jahre sah man ihm in keiner Phase an. Etliche Chancen für die Loksche in der ersten Halbzeit, von Frank Wimberger, René Heusel, Dirk Vogt, unbedingt erwähnenswert der Freistoß von Lothar Matthäus, der aus gut 20 Metern knapp rechts vorbei ging. Aber auch die „Ostler“ hatten zwei gute Gelegenheiten, eine Kopfballkerze á la Tapfer (da war’s das 0:1) rasierte die Latte und ein Tackling-Luftloch in unserer Abwehr verschaffte dem Gegner eine Schusschance, die zum Glück vergeben wurde.

Dann Pause, durchatmen und Flutlichter zünden. Riesige Schlangen an Bierstand und Toiletten ließen die Probleme vieler optisch erkennen. Dann wieder Lothar und Presserummel wie gehabt, aber schnell verziehen sich die Spieler aufs geschützte Spielfeld. Dort sollten nur vier Spielminuten vergehen, dann passiert ’s, René Heusel trifft! 1:0 für LOK, die Spieler stürmen auf die Trainerbank zu, der Schütze umarmt den Zimbo, alles jubelt durcheinander und dabei wird unser verletzter Kapitän Uwe Trommer an seiner schon lädierten Achillessehne getroffen, die reißt. Im Zuschauerraum kriegte das natürlich kaum einer mit, erst als der Krankenwagen am Stadiontor erschien und die Helfer hektisch mit Trage zur Bank liefen. Von Mirko und allen Zuschauern gab es beste Genesungswünsche, „Trommex“ winkte von der Trage zurück – LOK steht zusammen. Auf dem Feld bestimmten die Dunkelblau-Gelben nun immer mehr das Spiel, Zuckerpässe von der Nummer 10 ergaben tolle Chancen, man raufte sich die Haare, weil keiner rein ging. Die Gäste aber gaben noch lange nicht auf, inszenierten ihrerseits einige gute Angriffe, wo der Bänscher seine Klasse auf der Linie und bei Fernschüssen zeigen konnte. Dann zog Lothar Matthäus wie in alten Bayern-Zeiten links in den Strafraum und voll ab, ein toller Treffer – wäre es gewesen, wenn nicht der Superkeeper des SV Ost Steve Jäger (den Namen sollte sich unser Coach merken…) noch eine Hand dran bekommen hätte. Anschließend winkte unser Gaststar nach draußen, es war die 76. min (und nicht wie im MDR-Bericht „nach einer guten Stunde“!) und "Loddar" wurde mit Standing ovations von den offiziell 6.251 LOK-Anhängern gefeiert. Sah aber eher aus wie 8 bis 9 Tausend, so voll waren Tribüne, Dammsitz und Gerade. Sogar die Kurve musste ja gegen 19 Uhr geöffnet werden, um für alle Platz zu haben... Dreimal ging die Super-Welle um das weite Rund, weitere Stimmungsattacken gab es von bimmelnden, hupenden und Trompete blasenden Fans. Und bei den heuer in Mode gekommenen typisch englischen Wechselgesängen reichte ein kurzes "F-C-L" von Mirko, um minutenlange lautstarke Antworten zu kriegen, einfach genial. Bis zum Ende mussten wir draußen zittern, und kurz vor Schluss ließen die sogenannten Unparteiischen auch noch ihre Macht-Muskeln spielen. Der Linienassi hatte die „Passivabseits-Regel“ für uns einfach mal ignoriert und für die heftigen Proteste seitens unseres Trainers weder genug Verständnis noch Raum. Denn er winkte aufgeregt mit seinem Fähnchen und flüchtete auf den Platz, um dem Oberschiri oberpeinlich genau zu petzen. Als das der Lothar sah, löste er sich vom Smalltalk mit unserem (ebenfalls ausgewechselten, da nach überstandener Grippe noch geschwächten) Kevin „Superdribbler“ Rienaß und raste auf die Schiris los, um ihnen ein paar heftige Takte mitzugeben. „ Lise“ durfte bleiben und der nächste Angriff der Gäste war der letzte des Spiels – Aus, das Spiel war aus und gewonnen! Party nun im Bruno, die Mannschaft sammelte sich vor der Tribüne an den Händen, um plötzlich weg von den lauernden Foto-Haien laut johlend zur Gegengeraden zu rennen – eine tolle Geste für die klatschaktiven Fans dort. Lothar verschwand derweil nach kurzen Gesprächsfetzen schnell im Tunnel. Jürgen und Alex nahmen sich währenddessen auf der Tribüne der Loco-Fahne an, immer im Blick des Fan-Reporters. Anschließend wurde in einer bekannten Kneipe noch nachgefeiert, ehe es per Tram 15 über abenteuerliche Interimsgleise der LVB Richtung Innenstadt ging. Für mich gab es fast kein ein weiteres Halten mehr, zwei Stationen zu spät erwachte man aus den Träumen zum Finale. Aber eine Einrückerbahn zur Angerbrücke rettete mich vor einer dann wohl halbstündigen Nachtwanderung…

Reini

 

Bruno-Plache-Stadion Leipzig:  6.251 Zuschauer

1:0 Heusel (48.)

 

Fotos zum Spiel