Samstag, 09.10.2004  1. FC Lokomotive Leipzig – Eintracht Großdeuben II 8:0 (3:0)

 

Was hier im Vorfeld zu diesem eigentlich ganz gewöhnlichen Kreisklassenspiel so alles ablief, kann man mit keinem Wort richtig beschreiben. Ist es nicht fantastisch, dem Leipziger Fußball-Publikum seinen geliebten Verein in einem riesig großen WM-Stadion zu präsentieren!? Ist es nicht phänomenal, in welchen Medien überall die aktuelle Geschichte unseres Vereins in den letzten Tagen verbreitet wurde!? Ist es nicht überwältigend, wie viele Leute sich dank der hervorragenden Initiatoren dieser Aktion zu einem Besuch des neuen Leipziger Zentralstadions einfach genötigt sahen!? Und ist es nicht super, wie sich Tradition und Zukunft einfach treffen können, in spielerischer Form auf dem Rasen und in Gestalt unseres Trainers!? Rainer Lisiewicz ist wohl ein Glücksfall für unseren neuen 1. FC Lok, und er und sein Team konnten sich heute der Präsenz in ganz Fußball-Deutschland sicher sein (die ARD berichtete in ihrem Morgen- und Mittagsmagazin!) – nicht nur als Einstimmung für das Länderspiel der Nationalelf im Iran!

Natürlich planten auch die besonders aktiven Fans von Ultras und Inferno Lok für diesen rekordträchtigen Auftritt. Ein megagroßes Clubemblem wurde in mehrtägiger Arbeit aus mehreren Bahnen IKEA-Stoffs zusammengenäht und bemalt, ein großzügiger Spender stellte unverhofft ein paar Euros dafür zur Verfügung. Wie schon zum Stadtpokalspiel vor ein paar Wochen prangten gelbe Spielplakate an vielen Stellen der Messestadt (mit „zentralem“ Zusatz…), der Kartenabsatz in der Stadt verlief sensationell (auch wegen der täglichen Verkaufs-Promo in den Hauptbahnhofs-Promenaden) und Tag für Tag überboten sich die Lokalredakteure der hiesigen beiden Tageszeitungen mit ihren Sonderartikeln zu diesem Ereignis. Na klar – Leipzig braucht Fußball im Zentralstadion, und mit LOK geht das im Moment nur unter dem Motto „Und da fangen wir von vorne wieder an!“

Selbst der heutige Gegner Eintracht Großdeuben, zwischen Gaschwitz und Böhlen am südlichen Rand von Leipzig beheimatet, bekam mit diesem Highlight unerwartete Probleme. Viele Spieler aus der ersten Mannschaft probten den Aufstand, auch die Jugend und Alten Herren murrten laut im Hintergrund – einfach weil hier jeder auf diesem Rasen auflaufen wollte.

Man wollte wegen der erwarteten Zuschauermassen zeitig am Stadion sein. Die kundenfreundliche LVB hatte sich für heute allerdings etwas Besonderes einfallen lassen. Sie sperrte wegen Gleisbauarbeiten die Strecke vom Bahnhof Angerbrücke bis Waldplatz, mitsamt der Haltestelle Sportforum – ersatzlos. Ein Glanzstück, dies ausgerechnet an einem Großveranstaltungstag zu machen, denn nicht nur unser Event fand ja heute hier in der Umgebung statt, sondern auch eine Tanzshow in der Arena und der große Wochenmarkt auf dem Platz gegenüber der DHfK. Nun, man nutzte den verlängerten Fußweg zum Stadion zu einem angeregten Plausch mit einem Lok-Fan, dessen Sohnemann von ihm selbst bei TUB Leipzig in der D-Jugend trainiert wird. Der Junge hat sogar schon eine Einladung von LOK in der Tasche – die Zukunft unseres Vereins ist doch so nah!

Um 12 Uhr sollte heute Einlaß sein, aber die Menge am Zugang wurde nach 20minütiger Wartezeit mehr und mehr unruhig. Dann endlich bequemte sich die hausinterne Stadion-Security (Leipziger Löwen, hier schon „grünweiß“ angehaucht?) runter zu den Toren, dezent dabei an unserem Tor vier Ordner vom 1. FC Lok. Nach nochmals fünf Minuten kam über Funk der Öffnungsbefehl und alles stürmte nach ausgiebiger Kontrolle hinauf ins WM-Stadion. Drinnen hang an der Unterrang-Geraden aber schon alles voller bekannter LOK-Banner. Die Infernos und Ordnercrew waren nämlich bereits seit 10 Uhr im Stadion und hatten ganze Arbeit geleistet. Aber an der rechten Seite des heute geöffneten Gästeblocksektors fand sich für unser Loco-Banner noch ein nettes Plätzchen, ehe für die vielen anderen blaugelben Fahnentücher der Oberrang bereitgestellt wurde.

Schade nur, dass ausgerechnet am Vortag der neue Inferno-Kopierer seinen Dienst versagte und die schwarze Farbe wegblieb, sodass es heute keine aktuellen Tatort Stadion-News zum Verteilen gab. Nur ein Ausgleich dagegen der heute neue FAN-REPORT Nummer 71 (28 Seiten/ 2,- €), der mit den ersten Spielen der FCL-Neuzeit 2004/05 auch hier eine neue Zeitrechnung einläutete (auch im Internet unter www.leipziger-fanreport.de.vu )

Das Stadion füllte sich jetzt im Minutentakt, der Unterrang quoll schon aus allen Nähten und auch der schon erwähnte Gästeblock war bereits ordentlich belegt. Da entschloss sich der Veranstalter zur kompletten Öffnung des Geraden-Oberrangs, man wusste nun, die 10.000-Marke ist geknackt!

Unten auf dem Rasen bot sich schon ein imposanter Anblick. Im Mittelkreis lag ein riesengroßes gelbes Tuch – das Logo unseres Vereins. 18 Meter im Durchmesser, bemalt in viertägiger Arbeit von handwerklich geschickten Fan-Händen. Im fast verwaisten Rang unter dem VIP-Bereich lag dagegen das auch recht große VfB-Emblem, eine Hommage an den lang geliebten untergegangenen Verein mit der ersten Deutschen Meisterschaft.

Unser Alex von LOCOMOTION wollte diesen Tag mit seiner kleinen Familie begehen. So radelte er mit Freundin und seinem 15 Monate alten Sprössling David zum Stadion. Der Kleine war hellauf begeistert von den vielen bunt geschmückten Leuten. Vom Oberrang schaute er herab in die blaugelbe Herrlichkeit, alles war glücklich. Unten auf dem Rasen ging es richtig ab, nach einem Vorspiel (Endstand 6:1) zwischen einer Promielf mit verdienstvollen FCL-Kämpen und den „Special Olympics“ (geistig behinderte Spieler) flogen hunderte gelbe und blaue Ballons in den Himmel, es ertönte sogar die Hymne der UEFA-Champions League – der Event hatte begonnen.

Die R.SA-Reporter Thomas Böttcher und Uwe Fischer verbreiteten ihre kabarettreifen Botschaften, interviewten verdiente LOK-Aktivisten wie Frank Edmond, Bernd Hobsch, Olaf Marschall und Andreas Bornschein, dazu den „Cup-Trainer“ Uli Thomale. Alles dauerte „etwas“ länger als erwartet, sodass sich der Anpfiff um gut eine halbe Stunde verzögerte. Punkt 14:32 begann das heutige Hauptspiel, die Fans waren von der ersten Minute an begeistert und lautstark am Unterstützen. Nach 10 Minuten fiel endlich (…) der erste Treffer, ausgerechnet unser heutiger „Gastspieler“ Heiko „Scholle“ Scholz erzielte ihn, unendlich großer Jubel war ihm gewiss! Gekonnt die wunderbare Flugeinlage von Maik Hänisch zum 3:0, nachdem zuvor unser Torjäger vom Dienst Rene Heusel das 2:0 abgestaubt hatte. Pausenstand 3:0, „Franky Boy“ Frank Schöbel konnte ran ans Mikrofon. Sein „Die Fans sind eine Macht“ ist ja legendär und passt haargenau in unsere Zeit. Inzwischen stärkte man sich für 1,50 € mit Bratwurst mit Brötchen, wobei letzteres einen Kältetiefschlaf hinter sich hatte. War aber noch die preiswerteste Imbissalternative, denn für die Frikadelle (2,50 €) oder ein Schnitzel (3 €) musste schon tiefer in die Börse gegriffen werden. Für 3 € bekam man auch ein großes (0,4 l) fassfrisches Bier, dafür später für den leeren Pfand-Becher 50 Cent zurück. Insgesamt ein tolles Angebot zu allerdings komfortablen Preisen.

Die Torehatz ging in der 2. Halbzeit weiter, unser Team ließ seinem Kontrahenten nun keine Zeit mehr zum Verschnaufen. Die Fans stimmten sich richtig warm, das vielstimmige „F-C-L!“ pendelte akustisch zwischen den beiden vollen Blocksektoren hin und her – Gänsehaut-Feeling pur! Wie schon mal erlebt in Nürnberg, als dort die Stuttgarter grandios siegten und hinterher sich die Schwaben-Fans das „V-F-B“ hin und her brüllten. Mehrere Chancen, noch fünf wunderbar herausgespielte Tore, davon ein Elfer – am Ende der 90 Minuten stand ein 8:0 an der supermodernen Anzeigetafel (die anfangs noch einen leichten Rotstrich-Fehler aufwies)! Und auch die bekannten Nummerngirls unten zeigten mit ihren gelben Tafeln das gleiche Resultat, die Leute waren aus dem Häuschen. Insgesamt 12.421 Besucher sorgten für einen einmaligen Rekord in einer letzten Ligaklasse eines Landes weltweit – und einen Eintrag im Guinness-Buch!

 

Fazit: Ein super Tag im großen Stadion – der FCL bewies heute mit seinen fantastischen Fans und seinem Riesenumfeld, dass eigentlich nur blaugelb die Farben des Leipziger WM-Zentralstadions sein können!

Reini

 

Zentralstadion Leipzig: 12.421 Zuschauer

1:0 Scholz (10.), 2:0 Heusel (28.), 3:0 Hänisch (38.), 4:0 Hänisch (56.), 5:0 Trommer (58.), 6:0 Heusel (65.), 7:0 Heusel (73.), 8:0 Schreiber (77./Foulelfmeter)

 

Fotos zum Spiel