+++ Super-Stimmung beim ersten Länderspiel der DFB-Auswahl am Mittwoch im neuen Leipziger Zentralstadion. Belohnung waren die drei allerdings späten Tore der deutschen Starkicker gegen schwache Kameruner +++

 

Mittwoch, 17.11.2004  Länderspiel  Deutschland – Kamerun  3:0 (0:0)

 

Seit dem 1:1 der DDR-Nationalmannschaft gegen Österreich am 20. Mai 1989 hat Leipzig kein Länderspiel mehr im Zentralstadion gesehen. Zuvor gab es bis zum Ende des 2. Weltkriegs gerade mal vier Begegnungen der DFB-Auswahl, danach startete die DDR mit der Einweihung des aus Trümmerbergen entstandenen Zentralstadions 1957 eine große Serie. Insgesamt 46-mal trat man hier zu internationalen Ländervergleichen an, so vor der Rekordkulisse von 110.000 im Oktober 1957 gegen die Tschechoslowakei. Die entscheidenden Spiele um WM- oder EM-Qualifikationspunkte fanden stets hier in der „großen Schüssel“ statt, man erinnert sich gern an die Siege gegen Rumänien und die Russen 1973, wodurch man es ja zur einzigen Endrundenteilnahme bei einem großen Turnier schaffte, das ausgerechnet beim „Klassenfeind“ BRD gespielt wurde. Aber auch die Quali-Spiele gegen Polen, Frankreich, Holland, UdSSR und Österreich fanden riesiges Interesse hierzulande und belegen die große Traditionslinie dieser Spielstätte für Länderspiele.

Nun also der Neustart, in einer supermodernen Arena, vom DFB gerade mit dem Prädikat  „Absolut Länderspieltauglich“ prämiert – da sollte sich jeder Leipziger Fußballfan eingeladen fühlen.

Und die Erwartungen wurden voll erfüllt, über 44.000 Zuschauer bedeuteten ein „Ausverkauft“ und riesige Emotionen auf den Rängen. Neben den Mega-Bannern des offiziellen DFB-bestimmten Coca-Cola -„Fanclub Nationalmannschaft“ sah man ringsum die ganze Bundesliga vertreten. Gerade 4 echte grünweiße Leutzscher Banner wurden gesichtet, die LOK-Fahnen überwogen zahlenmäßig deutlich. Auch das Loco-Banner flatterte am Oberrang, der heftige Wind ließ es allerdings öfter mal den Überschlag proben. Machte nichts, die Außenwirkung war ausreichend, selbst im TV. Überhaupt ließen es sich viele Loco-Mitglieder nicht nehmen, das volle Zentralstadion live zu erleben. Allerdings sorgte die totalitäre Ordnungsmacht für Verstimmung, als sie fotointeressierten Besuchern (wie Loco-Sven) mit Spiegelreflexkameras den Eintritt verwehrte. Die unsinnige Begründung, damit für Profiaufnahmen gerüstet zu sein, die dem DFB-eigenen Vermarktungsprofil(t) entgegenstehen, kann nur als lächerlich angesehen werden. Wenn man will, kann man auch mit Kleinbild- und Digitalkameras mit ausfahrbaren Zoomrohren brauchbare Bilder machen, aber dem reglementarischen DFB ist auch nichts zu blöd.

Positiv dagegen das heutige Stadionprogramm. Von den insgesamt 80 Seiten umfassenden A4-Heft befassen sich volle 13 Seiten mit Leipziger Nationalspielern (von Albrecht bis Zötzsche), Länderspielen in Leipzig (Erinnerungen werden wach), dem Leipziger Fußball von gestern (glorreiche Tage sind längst Geschichte) und heute (12.421 Zuschauer beim Kreisklassenspiel Lok gegen Großdeuben II). Dazu herrliche Fotodokumente aus diesen Tagen. Das Heft kostet nur 1 € und vermittelt einen hervorragenden Eindruck vom WM-Spielort Leipzig.

Die Stimmung bei einem solchen Länderspiel, um auf das Wesentliche heute zu kommen, ist schon fantastisch und die Organisatoren sorgten mit akustischen Einblendungen dafür, dass alles im erwünschten Rahmen ablief. Im eigentlichen Fanblock des FC Sachsen hatten sich die Aktivisten des oben erwähnten Werbefanclubs niedergelassen und inszenierten von hier aus auch die Welle, die mehrere Male durchs Stadion schwappte, anfangs sogar in beide Richtungen. Zum Start gab es an dieser Stelle ein Flaggenmeer in schwarz, rot und gelb zu bestaunen, übrigens ganz im Sinne der alten DTSB-Sportfeste in der DDR. Von den Besuchern ging voll die Begeisterung ab, der Rahmen stimmte. Direkt unter der Studiokanzel der ARD hing ein voll aussagekräftiges Tuch mit „Leipzig: LOK“, dazu sorgte ein kleines Blockbanner mit dem FCL-Logo dafür, dass jeder sah, wer hier in der Stadt die Hosen an hat.

War die erste Halbzeit noch ziemlich mager an fußballerischen Höhepunkten, so führte eine erhebliche Steigerung der bundesdeutschen Kicker in der zweiten Spielhälfte doch noch für die längst erhoffte Torflut. Erst Kevin, ansonsten Chancenverballerer erster Güte, erlöste das feierfreudige Publikum mit dem 1:0, dem innerhalb von wenigen Minuten zwei schöne Fußtreffer des ansonsten kopfballstarken Neubremers Miro Klose folgten. Klasse, so will man ein Team siegen sehen. Die Klinsmannsche Mentalität scheint schon richtig durchzuschlagen, natürlich leisteten die zerstrittenen Kameruner Gäste auch letztendlich keine große Gegenwehr mehr. Aber verdient war der Sieg in jedem Fall, und das Stadion hat sich die ersten Erfolgssporen als Siegbringer für die deutsche Elf verdient.

Der Abmarsch der Massen war gut geplant von den Organisatoren, ein paar Park & Ride –Plätze an der Peripherie konnten mit den in schneller Folge eingesetzten Sondertrams optimal erreicht werden.

Reini

 

Zentralstadion Leipzig: 44.200 Zuschauer

1:0 Kuranyi (71.), 2:0 Klose (78.), 3:0 Klose (88.)

 

Fotos zum Spiel