+++ VfB nach 1:2 beim 1. FC Magdeburg jetzt im "gesicherten Mittelmaß" der Oberliga-Nordost-Süd-Staffel angekommen! +++ Anfängerhafte Fehler verhalfen den superheimstarken Magdeburgern zu einer unerwarteten 2:0-Führung ! +++ Anschluß durch Mike Sadlo, aber kaum erkennbares Aufbäumen der VfB-Truppe! +++ Dann flog auch noch Schwese mit Gelb-Rot vom Platz! +++ Kopfloser Einsatz trotz Megafon-Ansprachen durch die Einsatzpolizei nach dem Spiel, dadurch gabs Prügelszenen an der Bördeler-Halle! +++

 

Sonntag, 19.10.2003  1. FC Magdeburg – VfB Leipzig  2:1 (2:0)

 

„Mittendrin statt nur dabei“, „das Reich der Mitte“, „der Mittelpunkt der Erde“ oder „die goldene Mitte“ – dies sind alles Wortschöpfungen, die das Wort „Mitte“ im positiven Sinne erscheinen lassen. Das, was den gewöhnlichen VfB-Fan momentan beschäftigt, ist allerdings die absolute Kehrseite – das Mittelmaß. Nach dem 1:2 verlorenen Auswärtsspiel bei den Youngstern des vor ein paar Monaten noch insolventen 1. FC Magdeburg ist das VfB-Team neben der schon längst erkannten spielerischen Schmalkost nun auch in der tabellarischen Mitte der Oberligakonkurrenten angekommen. Immer wieder hört man vorher von „klaren Sieg-Vorstellungen“ und „wollen Rückstand zur Spitze aufholen“ – was man dann allerdings geboten bekommt, lässt einen an den handwerklichen Fähigkeiten der immer noch gut bezahlten Kicker mit jedem Spiel immer mehr zweifeln.

Gegen halb elf traf sich das Gros des Fanclubs (5 Mann plus UKW ’s Klein-Franz!) am Abfahrtsbahnsteig 10, um zusammen mit ca. 150 weiteren Loki ’s die Zugtour in die anhaltinische Landeshauptstadt in Angriff zu nehmen. Die Cops hatten sich wohl ebenfalls auf ein Riesenreiseereignis eingestellt, denn schon am Bahnsteig wurden Leute und die dazugehörigen Wochenendticket genau kontrolliert. Trotzdem schaffte es die Bahn, die dreiteilige Doppelstocktraktion pünktlich um 11:02 losrollen zu lassen. Die Klappsitze drinnen fanden genügend Herunterdrücker, Clubnamensschilder wurden angebracht und manches Bierchen genuckelt. In Bitterfeld stiegen 4 Saalefrontler zu, die sich an der allgemein guten Stimmung lautstark beteiligten. In MD wurde der Tross sogleich vom BGS in Empfang genommen und durch die Bahnhofskatakomben Richtung City-Carré getrieben. Dort stand schon ein modernisierter Tatragroßzug, in den alle Mitfahrer mehr oder weniger bestimmt hineingebeten wurden. Einige zwielichtige Gestalten beobachten gelangweilt die Szenerie, die Hände in den Taschen verbargen Geheimnisvolles… Die Cops fuhren dann sowohl blaulichtkreisend in ihren grünen Minnas nebenher als auch als Gruppenkämpfer in den Wagen mit, es ging durch die City, am neuen Alleecenter vorbei (ähnlicher Konsumtempel wie hierzulande), über Elbe, Zollelbe und Alte Elbe bis in den Stadtteil Herrenkrug. Dort wurde man nach dem Aussteigen von den Cops erst mal eingekreist, ehe es dann Richtung Stadion ging. Als man an der bekannten Bördelandhalle, dem Mekka der SCM-Handballer und gelegentlich auch das Wohnzimmer von Boxer Sven Ottke, vorbei schritt, tauchten plötzlich neben den parkenden Autos FCM-Hools auf, die unbehelligt hinter unserem Fanmob daher kamen. Es kam zu einigen Rennereien, aber zum Glück waren die ebenso überrascht wie wir. Die Cops drängten uns dann über eine Wiese zum Gästeblock-Eingang. Dort durften die 150 Fans wieder an dem einen geöffneten Kassenhaus anstehen, später gab es dann aber doch noch eine „fliegende Kartenhändlerin“, die die Situation für uns rettete. Der Kartenpreis betrug 6 € und auch Programme (im Überformat A5 zu 1,50 €) gab es ausreichend. Der Einlass verlief ohne Probleme, keine Leibesvisitation, nur kurze Beutelkontrolle. Am Imbisswagen gleich daneben gab es Bratwürstchen und Fischbrötchen, dazu Clausthaler in Bechern. Von mir eine glatte 2 für die hüllenlose Roster in der frischen Semmel, und zum Biernamen fällt mir nur ein: Glatter Schwindel mit dem Etikett, das hier hatte sehr wohl ein paar Umdrehungen!

Am Schild „Gästefanblock“ – durchscheinend aus jahrzehntelanger Vergangenheit auch als „FCM-Fanblock“ immer noch erkenntlich – vorbei stieg man hoch zu den Massen, deren Zahl sich heute auf etwa 250 bis 280 Leipziger Fans bewegte, alles laut vorsichtigen Schätzungen anwesender Experten. Zusammen mit dem Einlaufen der Spieler zeigten die FCM-Fans eine riesengroße gemalte Fahnentuch-Choreo, zwei Pferde links und rechts rissen symbolisch das Emblem des 1. FC Lok auseinander – Respekt dem Einfall und der Ausführung!

Dann ging es los, der VfB versuchte sich im Angriffsspiel, aber nur wenig gelang, den Magdeburgern aber zunächst auch nicht. Nach einer guten halben Stunde patzte Youngster Werner in der Abwehr, ein FCM-Stürmer polterte los und versenkte den Ball – Jubel gegenüber, man war bedient, träumte man doch gerade noch vom Auswärtssieg…

Nun flatterte alles beim VfB, auch wieder mal der Keeper Becker, der wenig später einen ebensolchen Flatterball passieren ließ – aus unserer Tordraufsicht sah’ s aus wie Flucht vor dem scharfen Ball, meinje.

Pause zum Wundenlecken, Cheerleaders schauen, „Sachsen-Paule“ feiern (ja, der gab hier tatsächlich seinen „Einstand“ und schrieb das ganze Spiel über Autogramme!) und Hermanns Kabinenpredigt unten. Ob es was bringen würde, was ist noch drin? Fragen, die sich schnell beantworteten, leider negativ. Einsatz eigentlich nur von Schwese so richtig, das erkannte auch der heute recht parteiische Unparteiische, in dem er schnell mal Gelb zog. Dann doch noch Hoffnung, Mike Sadlo hatte mal wieder getroffen, aber schnell wurde uns der Zahn der Zuversicht gezogen, Schwesinger sah noch mal Gelb kombiniert mit Rot, aus und raus! Beide Teams zogen noch mal alle Register, aber es fiel kein Tor mehr trotz Superchancen, verloren waren für uns die Punkte – perfekt die Ankunft des VfB im Mittelmaß!

Für uns Fans gab es nach den üblichen Zaunbegegnungen – ein paar Spieler wollten sich den Anhängern erklären – noch eine lange Warteschleife. Die Polizei riegelte die Tore ab, kommandierte per Flüstertüte wild in der Gegend herum, ließ etliche unbehelligt über einen Zwischenzaun ins Nirvana klettern – kurz und schlecht, kein System! Nach vielen Minuten, 30 vielleicht, ging vorne endlich das Tor auf, alles strömte heraus Richtung Bördeler-Halle. Dort warteten schon ein paar Dutzend FCMer, die beim ersten Anrennen aber blitzartig flüchteten. Dann wollte man zur früheren Ausstiegshaltestelle laufen, kam aber nicht weit, alle VfB-Fans gingen urplötzlich in einen ungeordneten Rückwärtsgang über. Ein paar FCM-Kat’s „C“ hatten sich in den Büschen versteckt und starteten eine wilde Hatz, blutende Münder waren beidseits die Folge. Keine Polizei in der Nähe, die hatten sich vorsorglich in beamtenkonforme Sicherheit gebracht. „Man müsse ja ein solches brisantes Spiel nicht besuchen, man weiß doch, was da abgeht!“ – so der lapidare Erklärungsversuch einer Beamtin. Dann sammelten die Cops sich und uns zu einem Haufen ein, der dann die andere weiter entfernte Haltestelle einer anderen Tramlinienstrecke in Angriff nahm und die bereitgestellte Tatra-Traktion auch ohne weitere Zwischenfälle erreichte.

Während der Rückfahrt zum Hbf. gab es an den Elbbrücken noch wilde Actions von  rund 30 FCM-Hools und der hinterher rennenden Polizeistaffel, aber die Tatra-Fahrerin gab Stahl und fegte davon.

Zur Rückfahrt ist nur noch anzumerken, dass man im selben Abteil wie hinzu saß (die Aufkleber verrieten es!), ein paar Runden Skat mit Alex, Martin und Mike gedroschen wurden und einem die Niederlage die Stimmung doch nicht verderben konnte – da steht man inzwischen drüber…

 

Fazit: Heute wurde die vorerst letzte Chance zum Aufrücken zur Spitze vertan, anscheinend ist sich die Mannschaft ihrem Mittelmaß nun bewusst, denn auch nach dem Anschlusstreffer von Sadlo kam kein richtiger Endspurt zustande. Kompliment den jungen Magdeburger Kickern, die sich ihre makellose Heimbilanz bewahrten. Kein Kompliment den hiesigen Polizeikräften, die auch nach vielen Jahren Fußball in Magdeburg nichts von ihrem chaotischen Wirken eingebüßt haben – einige Fans mussten dies schmerzlich am eigenen Leib erfahren!

Ja, und eigentlich ist es kaum aufgefallen, dass sich die Locomotion-Fahne heute eine Auszeit gönnte – und auf meinem Sofa ein ungewolltes gemütliches Sonntagnachmittagsschläfchen hielt…

Reini

 

Ernst-Grube-Stadion Magdeburg:  3.857 Zuschauer

1:0 Beise (18.), 2:0 Kreibich (33.), 2:1 Sadlo (60.)

Gelb-Rot: Schwesinger (VfB/ 75.)

 

Fotos zum Spiel