Samstag, 3. August 2002  VfB Pößneck gegen VfB Leipzig  1:5 (1:0)

 

Schon die Resultatsangabe lässt erahnen, welche Dramatik doch an diesem Samstag beim Oberligastart 2002/03 für Spieler und Fans des Ersten Deutschen Fußballmeisters herrschte. Denn erst ein völliger Wandel in Punkto Aggressivität und Siegeswillen bei unserem Team nach der sicherlich ziemlich lauten Halbzeitpausen-Kabinenansprache der Trainer konnte einen blamablen Fehlstart für den VfB Leipzig noch verhindern – und das am Ende auch noch mit begeisterndem Offensivfußball und schön anzusehenden Treffern zum klaren 5:1. Dies brachte nicht nur die erforderlichen drei Punkte, sondern für die Fans auch die Gewissheit: Hier hat sich ein Team selbst aus dem Schlamassel einer vermeintlichen Niederlage gezogen und dabei große Siegeswillensqualitäten gezeigt.

 

Schon Wochen vorher hatte sich das Interesse der LOK-Fans auf eine Fahrt per Zug in die thüringische Kleinstadt Pößneck gelegt. Punkt 10:28 sollte es von Gleis 3 des Leipziger Hbf. los gehen,  ca. 150 Leute meist in traditioneller Fankluft zählte man. Darunter Locomotion zu viert, und besonders heiß auf die Fantour war der Randleipziger, anwesend mit neuem LOK-Shirt. Die Fahrt verlief gewohnt stimmungsvoll, uns gegenüber schwelgte der berühmte Postminister in Wolverhampton-Erinnerungen (Jahnallee als Straße der Sieger übervoll mit FCL-Fans). Sämtliches Liedgut wurde einer zünftigen Generalprobe unterzogen. In Gera hieß es überraschenderweise Umsteigen, es wurde aber nur ein Wagen abgehangen, also geschah das Ganze am Bahnsteig auf gleicher Ebene. Nach einer weiteren Dreiviertelstunde erreichte unser Tross planmäßig das gewünschte Ziel.

Der Empfang in Pößneck geschah erwartungsgemäß ganz in Dunkelgrün durch eine halbe Thüringen-Cop-Hundertschaft, schnell musste man die Gleise räumen, und dann ging’s nur noch bergauf! Satte 20 Minuten kontinuierlicher Steigungslauf über Kopfsteinpflaster und Asphaltstraßen - direkt auf den Gruneberg zum Sportplatz „An der Warte“. An der Strecke lugten dabei zahlreiche Bewohner hinter Gardinen hervor – dafür gab’s  aus unseren Reihen ein „das ganze Dorf ist da!“. An manchen Straßenecken klickten die Fotoapparate, selbst passionierte Videofilmer wollten das historische Ereignis schnell auf ihre Kassetten bannen. Endlich erreichte man die Spielstätte, und gegenüber am Haupteingang versammelte sich alles an der Vereinskneipe.Anschließend marschierte man an provisorischen Bauzäunen, die an’s vorhandene vorrostete Maschendrahtgitter geknüpft waren, vorbei zum separaten Gästeblockzugang.

Dort gab es scharfe Eingangskontrollen (keine Chance für meine Plastik-Wasserflasche!), aber keine Programme mehr, dafür 6 € Eintritt (ermäßigt 4 € / 1 € wären fällig gewesen fürs Programm). Die nette Imbiss-Versorgungscrew gleich nebenan sorgte mit moderaten Preisen (1,50 € Echte Thüringer - Note 2 , große Limo 1 €, alkfreies Bier 2 €) für das leibliche Wohl der Gäste, man gab sich viel Mühe allerseits. Die lange Gegengeradenhälfte des neuen Gästeblocks war zum Spielfeld hin massiv EG-normgerecht abgezäunt (Säulen aber anscheinend nicht fest einbetoniert, daher recht wackelanfällig). Ein enges Zaunraster verhinderte zwar etwas die Durchsicht, das lag aber noch im akzeptablen Bereich. Der gastgebende VfB musste sich ja auch nur dem Diktat des NOFV beugen, der sonst eine Spielverlegung nach Gera in die Wege geleitet hätte. Das es nicht dazu kam, war auch ein Verdienst des hiesigen Fanclubs „VfB09 Pößneck“, die sich aktiv an den Umbaumaßnahmen beteiligt hatten. Sie waren heute auch die einzigen Stimmungsmacher des Thüringenmeisters, unter eigener blaugelber Fanclub-Flagge sorgten sie mit ca. 10 Leuten für VfB-Power made in Thüringen. Deren Vaueffbe-Gesänge zu Beginn des Matches wurden umgehend aus unseren Reihen gleichermaßen erwidert, ehe sich die gewohnten Elloka-Rufe verbreiteten. Kleine Provokation am Rande - „Leipzig ist GrünWeiss“, dies wollten uns vier schwarzgekleidete Leutzscher Fanatiker weiß machen, spätestens nach dem klaren 5:1-Endstand glaubte das hier kein Mensch mehr.

Die heute gut 500 Leipziger Lokisten schon gar nicht, welche selbst in der kritischen Vorpausenphase lautstark zum recht zurückhaltend beginnenden blauweißen VfB-Team standen. Ob’s daran lag, dass der heutige Gegner wie schon vor zwei Jahren der dortige VfB in Zittau in leuchtendem Blaugelb auflief? Jedenfalls kamen sie sehr schwer in die Gänge, es entwickelte sich ein müdes Spiel mit geringsten Chancen.  Mike’s Schuß wurde gerade noch gut pariert, dann Ecke für die Pößnecker, Kopfball unhaltbar für Gunnar – 0:1, ging denn das schon wieder los?! Unruhe im Gästeblock, ein Ordner-Proll wollte dies zur „Machtübernahme“ nutzen und schickte ein paar Grüne in die FCL-Massen, um einen Zaunkletterer einzukassieren. Es gab kleine Rangeleien, aber das Ganze beruhigte sich schnell. Dann fast noch der zweite Gegentreffer, eine scharfe Rechtseingabe verfehlte ein Pößnecker Stürmer nur knapp. Lange Nachspielzeit, ehe der Halbzeitpfiff uns zunächst erlöste.

Unverständnis überall, warum sich unser Team mit seinen Aufstiegsambitionen so ohne Biss einer Niederlage hinzugeben schien, hier konnte wohl nur noch ein Wunder helfen. Das wurde vom Dixi dann eingewechselt, in Gestalt von Peter-Sebastian G., der nach knapp einer Stunde Spielzeit einen sauberen Ball per Kopf ins Netz setzte. Dieses 1:1 war Gold wert, setzte es doch alle Psycho-Bremsen frei und verschaffte uns draußen ein Jubel-Highlight nach dem anderen. Denn auch die zweite Einwechslung, von Neuzugang Olaf Renn, brachte was, nämlich endlich spielerische Linie hinein, und die Treffer von Sadlo, wieder Gunkel, Embingo und das Traumtor wieder von Sadlo (nach Zuckerflanke von Mr. Renn!) verzückten die begeisterten  LOK-Fans. 5:1 zeigten die Zahlentafeln der heimischen blaugelben Anzeige am Ende an, man war restlos zufrieden.

Der Abmarsch zum Oberen Bahnhof gestaltete sich zunächst etwas aufgeregt am Vereinshaus, unter allgewaltiger Copbegleitung ging es dann aber schnell bergab in die Kleinstadt. Zuvor hatte manch aufmerksamer Leipziger ein paar Plastebecher in den Gastgeber-Imbissbereich lanciert, denn dort gab’s 1€ Pfandgeld zurück – im Gästeblock dagegen nicht, offensichtlich eine Lücke im System…

Unser Zug sollte erst 17:17 abfahren, zulange für durstige Fankehlen, und für einen Stadtbummel ließen uns die Cops nicht raus. So kam jemand auf den Einfall, doch einfach einen früheren Zug nach Gera zu nehmen - und dort aufzutanken. Gedacht, getan, bis auf ein paar Unentschlossene nutzte der Großteil der reisenden Lokisten diese Frühfahrt mit dem modernen Städteexpress. In Gera hatte man eine gute Dreiviertelstunde, um diverse Getränke und z. B. einen Döner zu sich zu nehmen, und mancher machte lange Ausflüge in die Umgebung auf der Suche nach preiswertem Biernachschub. Dass man dabei auch an Ortsunkundige gelangen kann, deren Wege in die Irre führen, da könnte z. B. unser Bluesky ein Kapitel drüber schreiben.

Mit dem Anschlusszug gelangte man dann ohne Zwischenfälle, Entgleisungen und sonstigen Trübsinnigkeiten zum LE-Hbf., auf dessen Querbahnsteig noch mal ordentlich abgefeiert wurde.

Für uns vier Locomotion schloß sich im Weiteren noch eine nachträgliche Geburtstagsfeier bei Loco-Sven an, hier stellte man bei Bratwurst, Salatbeilagen und Baguettebrot und diversen Mixgetränken die totale Fanclubvollzähligkeit für diesen Abend fest. Erst in den frühen Morgenstunden wurde die Gesellschaft, zu der auch die in der Nachbarschaft beheimateten zwei CG98-er Vize und Jensbert gehörten, aufgelöst. Und für Alex und dem Verfasser dieser Zeilen endete sie mit einer kostenlosen LVB-Nightlinertour durch unsere schön beleuchtete Messestadt …

 

Fazit: Letztlich gelungener Saisonauftakt mit der Oberligaspitzenposition am Samstag, dieses Team kann echt was reißen in dieser Saison!

Reini

 

Sportpark an der Warte (Pößneck): 1.555 Zuschauer

1:0 Ceesay (33.), 1:1 Gunkel (57.), 1:2 Sadlo (74.), 1:3 Gunkel (80.), 1:4 Embingou (85.), 1:5 Sadlo (89.)

 

Fotos vom Spiel